Hitler im Museum?

Ein Erfahrungsbericht zur Ausstellung „Hitler und die Deutschen“

Anmerkungen

Die Zeit des Nationalsozialismus, ihre Voraussetzungen und ihre Folgen besitzen noch immer eine große Brisanz. Das gewaltige Medienecho und der große Besucherandrang während der Ausstellung „Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen“ im Deutschen Historischen Museum (DHM) haben das bestätigt.1 Die Medien vermittelten teilweise den Eindruck, es handele sich dabei um die bundesweit erste Ausstellung über Adolf Hitler. Darum wurde die Ausstellung sehr bald – und nicht nur aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung – als „Hitler-Ausstellung“ bezeichnet. Die inhaltlich etwas irreführende Verkürzung ist ein Indiz der widrigen Faszinationskraft, die vor allem von der Person Hitlers weiterhin ausgeht.

Obwohl Konzept und Präsentation der Ausstellung ein Wechselverhältnis zwischen dem Diktator und der deutschen Gesellschaft bzw. Politik annahmen und in Übereinstimmung mit der aktuellen historischen Forschung Hitlers Macht gerade nicht allein aus seinem Leben erklären wollten, hat sich die Diskussion schon im Vorfeld der Ausstellung zunächst auf die Person Hitlers konzentriert – und auf die Frage: Darf man Hitler ausstellen? Kann man neben nationalsozialistischen Symbolen und Propagandabildern auch persönliche Gegenstände bzw. Relikte aus dem unmittelbaren Gebrauch Adolf Hitlers in einer Ausstellung zeigen und sie durch die Präsentation im Museum möglicherweise zu profanen Reliquien erheben, was die Ausstellung zum Wallfahrtsort für alte oder junge Nazi-Sympathisanten machen könnte? Kann man die massenhaft überlieferten Hitler-Fotos von Heinrich Hoffmann, die zahlreichen Hitler-Porträts und Büsten, die Propaganda-Plakate, Gemälde, Plaketten und den Nazi-Kitsch, die sich vielfach erhalten haben, in die Vitrine oder auf den Sockel stellen, ohne dass man Gefahr läuft, noch einmal die Propagandawelten Hitlers und der Nationalsozialisten zu reproduzieren oder gar der Faszinationskraft ihrer Bilder und Inszenierungen erneut zu erliegen?2 Bedeutet der Abdruck eines nationalsozialistischen Propagandabildes auf dem Folder eines Tagungsprogramms im Vorfeld der Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ im November 2009 eine Verletzung der Gefühle der Opfer, wie dem Veranstalter, dem Deutschen Historischen Museum, sofort vorgeworfen wurde?

 

Der Kopf des „Führers“ in Bronze, Terrakotta und Gips: Hitler-Büsten als Massenprodukt. Aus heutiger Sicht dokumentieren sie nicht in erster Linie das Aussehen des Diktators, sondern besonders die damalige Nachfrage nach solchen Objekten sowie die mit ihrer Herstellung verbundenen Verdienst- und Profilierungsmöglichkeiten der Künstler.
(Foto: A. Anweiler-Sommer/DHM)

Bilder von Hitler und dem Nationalsozialismus, von seinen Masseninszenierungen und den Zerstörungen bzw. den millionenfachen Opfern, die die NS-Herrschaft verursacht hat, haben sich tief in unser Gedächtnis eingegraben und begegnen uns überall – in Filmen und Fernsehsendungen sowie längst auch an historischen Erinnerungsorten und in dortigen Ausstellungen. Warum kann man nicht ebenso im Museum, dem Ort eines methodisch kontrollierten Umgangs mit Bildern, eine Ausstellung zeigen, in deren thematischem Mittelpunkt Hitler steht? Die von mir konzipierte, gemeinsam mit Simone Erpel und Klaus-Jürgen Sembach kuratierte Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ sollte den Beweis antreten, dass man auch Zeugnisse einer Diktatur und einer seinerzeit von einem Mythos umgebenen Führerherrschaft präsentieren kann, ohne diese Formen und Zeugnisse einer extrem personalisierten Herrschaft noch nachträglich zu auratisieren oder zu verharmlosen. Leitlinie für das Konzept war die aktuelle historische Forschung, die schon längst sehr differenzierte Antworten auf die nach wie vor beklemmende Frage gegeben hat, wie Hitler möglich war – Antworten, die nicht allein in der Person Adolf Hitlers zu finden sind. Umgesetzt wurde dies in einem Konzept und mit einer Gestaltung, die vor allem durch verschiedene Formen der Inszenierung und Ensemblebildung versuchte, die für die NS-Politik charakteristische Doppeldeutigkeit und Widersprüchlichkeit zu zeigen. Die NS-Propagandabilder sollten durch „Gegenbilder“ dementiert oder kontextualisiert werden.

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Werbeaufsteller für die SA-eigene Zigarettenmarke „Trommler“, um 1933, 60 cm x 25 cm x 11 cm
(DHM/Katalog [Anm. 1], S. 187)

 

Blick in den Ausstellungsraum „Hitler und die NSDAP“
(Foto: Chris Dormer)

Hitler auszustellen bedeutet darum nicht, die Biographie Hitlers in den Mittelpunkt zu stellen und alle Erklärungen zur Herrschaft des Nationalsozialismus allein auf die Person Hitler, seine Weltanschauung und seine Obsessionen zu richten. Hitler auszustellen meint im Gegenteil, die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen von Hitlers Aufstieg und seiner Macht zu thematisieren.3 Die Geschichte von Aufstieg, Herrschaft und Untergang der NS-Diktatur wurde deshalb in sieben Abschnitten dargestellt, ergänzt um einen knappen Raum für die Nachgeschichte („Hitler und kein Ende“). Die zentralen Kapitel von 1933 bis 1945 erzählten in einer doppelten Perspektive von Hitlers Macht: vom Führerstaat und der NS-Herrschaft „von oben“ sowie vom Verhalten, der Zustimmung und der Verweigerung aus der Gesellschaft „von unten“. Dazu gehörten, veranschaulicht durch zahlreiche Objekte aus dem damaligen Alltag, die Lebensformen der Gesellschaft und deren tendenzielle nationalsozialistische Durchherrschung.

 

Grundriss der Ausstellungsräume
(Quelle: DHM)

 

Die Doppelbödigkeit der NS-Herrschaft aus Triumph und Terror, imperialem Machtanspruch und umfassender Zerstörung wurde gleich zu Beginn der Ausstellung betont. Rechts im Bild ist eine Fotomontage des dänischen, nach Frankreich ausgewanderten Journalisten Marinus Jacob Kjeldgaard zu sehen („Hitler als Totenkopf“, 1939/40).
(Foto: A. Anweiler-Sommer/DHM)

Bereits der Titel der Ausstellung „Hitler und die Deutschen“ rückte Hitler in das politisch-gesellschaftliche Beziehungs- und Wirkungsgeflecht seiner Zeit. Diese Perspektive wurde im Prolog kurz entwickelt, der als zweischichtige Bild-Collage das Wechselverhältnis der verschiedenen Ansichten von Hitler und der widersprüchlichen Szenen der deutschen Gesellschaft zwischen 1919 und 1945 visualisierte. In der Version Heinrich Hoffmanns, der im NS-Deutschland fast das Bildmonopol besaß, wurde Hitler einmal als starker Parteiführer gezeigt und dann als „Führer der Nation“; die dritte Ansicht zeigte ein „Gegenbild“, nämlich den Totenschädel Hitlers mit der charakteristischen Haarsträhne und dem Oberlippenbart, eine Fotomontage von Marinus Jacob Kjeldgaard. Hinter den drei Porträts befanden sich, durch eine wechselnde Beleuchtung für einen kurzen Moment sichtbar und dann wieder abgedunkelt, Bilder von Ereignissen und Themen der Zwischenkriegszeit, des NS-Staats und seiner Kriegs- und Besatzungspolitik (siehe die Abb. oben).

Zu den Voraussetzungen von Hitlers Macht gehörten neben den politisch-sozialen Bedingungen vor allem auch die mentalen Befindlichkeiten, d.h. die Ängste und Hoffnungen, die sozialen Erwartungen der Deutschen, die auf eine Erlöser- und Retter-Figur projiziert wurden. Sie wurden in der Ausstellung durch eine Reihe von Büsten angedeutet, von Friedrich dem Großen bis zu Mussolini – Personen und Mythen, die die unterschiedlichen Führererwartungen verkörperten und von der NS-Propaganda 1933 auch als eine „Ahnenreihe“ Hitlers ausgegeben wurden. Hitlers politischer Aufstieg gründete sich nicht zuletzt auf seine Fähigkeit, diese Führererwartungen auf sich zu beziehen und sie zu repräsentieren.4 Das war der Hintergrund für Hitlers Charisma, mit dem sich seine außerordentliche Wirkung und sein Nimbus erklären lassen. Dieser beruhte nur zu einem geringen Teil auf Hitlers persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten, seinem „Eigen-Charisma“, sondern weit mehr auf einem „Fremd-Charisma“, also den Erwartungen und Zuschreibungen derer, die in ihm den sozialen Retter sehen wollten.5 Glückwunschbriefe, Gedichte und Kinderzeichnungen zu Hitlers 43. Geburtstag im April 1932 verdeutlichten die Sehnsucht nach einem starken „Führer“ und die wachsende Verehrung der deutschen Gesellschaft für ihren „Retter“.

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Vor Augen geführt werden sollte das Wechselverhältnis von Hitlers charismatischer Führerherrschaft und den Erwartungen bzw. dem Verhalten der deutschen Gesellschaft vor allem in den zentralen Kapiteln der Ausstellung, die der Regime-Phase von der „Machtergreifung“ bis zur zunehmenden Machtmonopolisierung gewidmet waren. Der Führer-Kult, der als Instrument der Herrschaftslegitimation diente, stellte zweifelsohne die zentrale Bezugsgröße für alle Formen der Zustimmung und der Selbstmobilisierung dar; er spiegelte sich auch in den zahlreichen Schrift-, Bild- und Tondokumenten der NS-Zeit, auf die die Ausstellung zurückgreifen konnte. Die massenhafte Produktion von Hitler-Büsten und Spielzeugfiguren oder etwa die Straßenumbenennungen und Festgaben aus Anlass des Reichsberufswettkampfes deuten die Ausmaße des Führer-Kults an, der immer mehr zum Bezugspunkt politischer Entscheidungen und Rechtfertigungen sowie zum Dreh- und Angelpunkt einer zunehmend personalisierten Herrschaft wurde.

Konsens und Loyalität zum Führerstaat waren jedoch stets verbunden mit der Drohung bzw. der Realität von Terror und Gewalt sowie auch von Dissens und Verweigerung. Diese Kehrseite des NS-Regimes, einschließlich der versteckten Formen der Verweigerung, sollte ebenfalls Thema der Ausstellung sein, selbst wenn die bildlichen Zeugnisse dafür eher selten sind. Denn die ordnungsstiftende Selbstdarstellung der nationalsozialistischen Herrschaft war darauf ausgerichtet, die Existenz einer in sich geschlossenen, von einem einheitlichen Führerwillen getragenen Verfassung nach dem Motto „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ zu suggerieren. Die sehr viel widersprüchlichere, sich in rivalisierende Machtträger auflösende Verfassungswirklichkeit mit ihren polykratischen Entscheidungsbildungen und dem davon angetriebenen politischen Radikalisierungsprozess lässt sich in Bildern und Objekten kaum fassen. Die Tatsache, dass der charismatische Führer in der NS-Propaganda fast immer nur im Kontext von Zustimmung und inszenierter Massenbegeisterung gezeigt wurde, erfordert von einer Ausstellung, die nicht bloß Propagandabilder reproduzieren will, die kritische Rekonstruktion der Herrschaftsmechanismen – durch Kontextualisierung, Gegenüberstellung und Inszenierung. Das erlaubt dann auch die Präsentation von Propagandaobjekten, einschließlich der persönlichen Gegenstände des Diktators, die bislang oft ängstlich „weggestellt“ wurden.

 

Uniformierung und Differenzierung innerhalb der „Volksgemeinschaft“: Beispiele für Dienstkleidung von NSDAP, SA und SS (vordere Reihe), Wehrmacht (mittlere Reihe) sowie Reichsarbeitsdienst und Deutsches Rotes Kreuz (hintere Reihe)
(DHM/Katalog [Anm. 1], S. 204)

 

Blick in den Ausstellungsraum „Machtübertragung und nationale Revolution“
(Foto: Chris Dormer)

Ein Bezugspunkt der Selbstmobilisierung und Zustimmungsbereitschaft, die das NS-Regime in wachsendem Ausmaß erhielt, war neben dem Führermythos die Verheißung einer klassenüberwölbenden, in sich zwar äußerst widersprüchlichen, aber soziale Geschlossenheit und Aufstieg versprechenden „Volksgemeinschaft“.6 Deren Präsentation bildete daher die zweite Achse des Ausstellungskonzepts. Der Begriff der „Volksgemeinschaft“, zentrales Element der nationalsozialistischen Propaganda vor allem während der Regimephase, beschreibt nicht die soziale Wirklichkeit, sondern ein Versprechen und eine soziale Praxis bzw. Funktion. Die Attraktivität dieser Verheißung spiegelte sich in unzähligen Objekten, vom alltäglichen Kitsch bis zu ästhetisch anspruchsvolleren Gestaltungen von Plakaten und Plaketten. Damit wurden für die einen, die „Volksgenossen“, Zugehörigkeit und Zuordnung verkündet und beansprucht; für die anderen, die „Gemeinschaftsfremden“ (d.h. vor allem für die jüdischen Bürger und bald auch für andere stigmatisierte Gruppen, von psychisch Kranken bis zu „Asozialen“ und „Arbeitsscheuen“), bedeutete „Volksgemeinschaft“ hingegen Exklusion, also Ausgrenzung und Verfolgung – und dies geschah vor aller Augen, vor Gaffern und Mittätern.7 Auch dafür gibt es fotografische Belege und andere Objekte.

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Die Präsentation der nationalsozialistischen Volksgemeinschaftspropaganda und -politik in einer Ausstellung kann im Unterschied zur Darstellung der politischen Entscheidungsprozesse auf ein reiches zeitgenössisches Quellenmaterial zurückgreifen, von der Plakatpropaganda der NS-Organisation „Kraft durch Freude“ bis zu den berühmten Abzeichen und Sammelbüchsen des Winterhilfswerks. Es sind zahlreiche Bilder und Objekte erhalten, die von der Mobilisierung und Zustimmungsbereitschaft großer Teile der Gesellschaft zeugen: von den seinerzeit beliebten Elastolin-Spielzeugfiguren mit der paradierenden SA und dem umjubelten „Führer“ bis zu roten Lampions mit Hakenkreuzaufdruck. Allein für die von Ian Kershaw als Leitmotiv seiner Hitler-Biographie herausgestellte Äußerung des Staatssekretärs Willikens, es sei „die Pflicht eines jeden, zu versuchen, im Sinne des Führers ihm entgegenzuarbeiten“,8 lassen sich zahlreiche Belege finden, die einen Eindruck von der massenhaften Verbreitung dieser Bereitschaft geben. Dazu gehört etwa die Selbst-Aufforderung, die Else Klamroth, Ehefrau des nach dem 20. Juli 1944 als Hochverräter hingerichteten Offiziers Hans Georg Klamroth, im Sommer 1934 in ein Kinderbuch der Familie eintrug: „Wir müssen alle mit unseren schwachen Kräften mithelfen, Hitler sein schweres Amt zu erleichtern.“9 Noch anschaulicher machte das der Wandbehang mit Kreuz, Vaterunser und Hakenkreuzen, den die Mitglieder der Evangelischen Frauenhilfe und der NS-Frauenschaft von Rotenburg an der Fulda zum 1. Mai 1935 vom dortigen Rathaus in die Stadtkirche trugen. Bis 1945 bekundeten sie ihre Zustimmung zum NS-Regime dort mit der Widmung: „Wir tragen das Hakenkreuz in unsre Kirche.“10

Für fast alle modernen Diktaturen ist der Versuch charakteristisch, die Massenzustimmung durch visuelle Strategien verstärken zu wollen. Wir besitzen darum gerade vom Nationalsozialismus sehr viel mehr Anschauungsmaterial für den Bereich der Selbstdarstellung und Außenansicht als für die Widersprüche, Verweigerungen und Ausgrenzungen, die sich hinter der Volksgemeinschaftsparole verbargen. Selbst wenn eine Ausstellung nur bedingt einen Beitrag zur wissenschaftlichen Kontroverse um die Erklärungskraft des Volksgemeinschafts-Konzepts leisten kann, vermag sie doch viele bildliche Belege für die Varianz und Verbreitung dieses propagandistischen Integrations- und Unterwerfungsangebots zu geben. Die einschlägigen Objekte reichen von der Visualisierung der „Volksgemeinschaft“ als „Leistungsgemeinschaft“ bis zur „Kampf- und Opfergemeinschaft“; sie lassen das Spektrum der Erwartungen und Verheißungen erkennen, die darin enthalten waren.

Hitler begründete seinen Machtanspruch auch damit, dass er den Willen und das Ganze der „Volksgemeinschaft“ repräsentiere und deshalb politisch als Letztinstanz fungiere. Dieser Herrschaftsbezug, der „Führer“ und „Volksgemeinschaft“ propagandistisch miteinander verkoppelte, war ein zentrales Element der Repräsentationsstrategie des Regimes, das etwa bei den Reichsparteitagen in Nürnberg oder beim Erntedankfest auf dem Bückeberg die Macht der Bilder für sich einsetzte. Mit den Masseninszenierungen suggerierten die Propagandisten eine politische und soziale Partizipation, die in der Praxis jedoch strikten Reglementierungen unterlag. Wie bereits erwähnt, bestand der Grundgedanke der Ausstellungspräsentation darin, die Macht der Bilder mit Gegenbildern zu brechen, also die politischen Botschaften und Legenden des Regimes und der von ihm geschaffenen Bilder als solche offenzulegen und zu dementieren.

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Auf Gegenbilder zur nationalsozialistischen Bild- und Propagandaproduktion setzten bereits die politischen Gegner der NS-Bewegung vor 1933, ohne dass sie im symbolpolitischen „Bürgerkrieg“ der Jahre 1930 bis 1933 große Erfolge erzielen konnten.11 Da die Ausstellung schon aus Platzmangel nicht die gesamte Palette oppositionellen Verhaltens zu zeigen vermochte und sich zur Ergänzung und Vertiefung auch immer auf die parallele, stärker dokumentarisch ausgerichtete Präsentation in der Dauerausstellung des DHM stützen konnte, haben wir zur Charakterisierung dieser Gegensätze immer nur ein Objekt herausgegriffen, das möglichst aussagestark sein sollte.

Die ästhetische Praxis der Gegenbilder konnte sich in Form von Karikaturen, Filmsatiren, gebrochenen und zerstörten Bildern nach der nationalsozialistischen Machtmonopolisierung nur im politischen Exil und in der ausländischen Gegenpropaganda fortsetzen. Diese Praxis reichte von John Heartfields Fotomontagen (u.a. „Der Sinn des Hitler-Grußes“ von 1932) über Erwin Blumenfelds „Hitlerfresse“ von 1933 bis zu Charlie Chaplins genialer Filmsatire „Der große Diktator“ von 1940.12 Solche Zeugnisse wurden in der Ausstellung immer wieder eingesetzt, um die Ambivalenz und Gewalttätigkeit der NS-Herrschaft zu symbolisieren.

 

Blick in den Ausstellungsraum „Die deutsche Gesellschaft im Krieg“. Im Vordergrund ist ein Modell des zerstörten Reichsadlers aus der Neuen Reichskanzlei zu sehen (englische Nachbildung von 1996, aus Polyesterharz und Glasfaser statt aus Bronze).
(Foto: A. Anweiler-Sommer/DHM)

 

Idealisierung des Durchhaltewillens: Ölgemälde „Nach dem Luftangriff“ von Adolf Wegener, 1944, 108 cm x 233,5 cm
(DHM/Katalog [Anm. 1], S. 266)

Gegenbilder wurden auch in einem übertragenen Sinn verwendet: als Inszenierungen von Inszenierungen – mit dem Ziel, die Bühnenhaftigkeit und den Fassadencharakter des NS-Regimes herauszustellen. Politik und Macht bedürfen immer der Sichtbarkeit; in der NS-Diktatur jedoch gab es, ähnlich wie in anderen modernen Diktaturen, kaum eine Gegenmacht, kein Gegenbild. Das musste die Ausstellung gleichsam nachträglich konstruieren, wenn sie Bilder von Hitler und dem Nationalsozialismus zeigte. Durch die Kontrastierung von vergleichbaren oder identischen Objektgruppen lassen sich Gegenbilder herstellen, auch wenn dies in der Ausstellung aufgrund der Beschaffenheit und Größe der vorhandenen Objekte nicht immer angemessen umzusetzen war. Neben der unmittelbaren Konfrontation von Bildern und Gegenbildern zog sich ein Subtext durch die Ausstellung, der etwas von der Ambivalenz der NS-Diktatur erzählen sollte: Kinderbriefe und -zeichnungen sowie Schülerhefte mit Elogen an Hitler sind Zeugnisse des entstehenden Führer-Kults oder der nationalsozialistischen Indoktrination; Kinderhefte und -zeichnungen aus dem KZ Theresienstadt sind dagegen erschreckende Zeugnisse der Verfolgungs- und Vernichtungspolitik. Uniformen von Partei- und Wehrmachtsgliederungen sind Ausdruck einer Militarisierung der Gesellschaft sowie einer Selbststilisierung und -zurechnung zur „Volksgemeinschaft“; Uniformen von KZ-Häftlingen symbolisieren demgegenüber die Politik der Ausgrenzung und Vernichtung. Obwohl die Ausstellungsarchitektur mit Durchblicken thematische Zusammenhänge und auch solche Gegenüberstellungen sichtbar machen wollte, stieß dieser Versuch gelegentlich an Grenzen des Machbaren, die sich aus der Raumsituation der Ausstellungshalle ergaben.

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In einigen Vitrinen mit kleineren Objekten ließen sich auch die Verbindungen der gegensätzlichen Sphären von Konsens und Gewalt verdeutlichen. Die Julleuchter zum Beispiel, Geschenke Himmlers an seine Getreuen, wurden als Produkt von Häftlingsarbeit präsentiert. Propagandabilder etwa von der „kämpfenden Volksgemeinschaft“ wurden mit Zeugnissen der Eroberungs- und Ausbeutungspolitik konfrontiert, um die historische Realität deutlich zu machen, die sich hinter dem schönen Schein der Bilder verbarg. Schließlich konnten Gebrauchsspuren, Spuren der Zerstörung oder Entweihung an einem Objekt oder Bild die Politik der Gewalt und Vernichtung exemplarisch belegen. Ein Stück einer Thorarolle, deren Rückseite von einem unbekannten Soldaten mit einem dilettantischen Frauenporträt versehen wurde, zeigte sich als subtile Form von Zerstörung und Gewalt.

Die Macht der Bilder, die Hitler von sich herstellen ließ und die seine Anhänger von ihm machten, schuf eine permanente Bühne, auf der sich Hitler zu dem stilisieren konnte, was man von einem charismatischen Führer erwartete. Zur Logik der Bildpropaganda gehörte es auch, dass Hitler sich nie mit Szenen der Gewalt und Zerstörung, nie mit seinen Opfern oder vor den Trümmern seiner zerstörerischen Politik zeigte. Erst seit 1945 drängten sich auch in die Wahrnehmung der Deutschen Bilder des Entsetzens und der Anklage; Bilder von Leichenbergen, von ausgemergelten und geschändeten Menschen. Das waren Zeugnisse von Gewalt und Vernichtung, die sich hinter den Inszenierungen verbargen und die inzwischen bereits in vielen Gedenkstätten und Ausstellungen sichtbar gemacht worden sind – auch in dieser Ausstellung durften sie nicht fehlen.

Hitler auszustellen heißt nicht nur, die Doppelgesichtigkeit von Konsens und Gewalt, von „Volksgemeinschaft“ und Verbrechen zu zeigen, sondern zugleich die ungeheure Dynamik der Machteroberung und Herrschaftsradikalisierung zu demonstrieren; den Ausbau und die Strukturen des Führerstaats, die zunehmende Auflösung institutionell geregelter Formen von Politik und Verwaltung, die diese Radikalisierung bis hin zur Vernichtungspolitik erst möglich gemacht haben. Das sind sehr abstrakte Deutungsmuster der historischen Forschung, die im Museum nicht ohne weiteres repräsentiert werden können. Die Ausstellung operierte und argumentierte darum auf zwei Ebenen: Sie zeigte im Mittelpunkt der einzelnen Räume und Segmente die klassischen Zeugnisse, Bilder und dreidimensionalen Objekte. Durch ihre Präsentation als Einzelstücke oder als Ensemble, oft auch als Symbole für etwas Anderes, sehr viel Abstrakteres, sollten diese ein Bild von Geschichte bzw. eine Deutung vermitteln. Auf einer zweiten Ausstellungsebene, nämlich mit Bild- und Textwänden, die fast die gesamte Ausstellungsfläche an den Außenwänden umrahmten und sich thematisch jeweils auf ein Segment bezogen, wurden zeitgenössische Begründungen und Wahrnehmungen von Akteuren zusammengestellt, von Tätern wie von Opfern. Sie sollten zusätzliche Themen ansprechen und Personen zeigen, die in dem Objektteil nicht darstellbar waren; vor allem sollten sie Informationen zu den Bildfolgen liefern, die auf dem oberen Teil der Wand zu Sequenzen aus zeitgenössischen Fotos und Filmen zusammengestellt waren. Diese sollten den Prozesscharakter von Geschichte, seine Dynamik und Widersprüchlichkeit zeigen, die wir mit einfachen Ausschnitts- und Momentaufnahmen aus einem historischen Prozess nicht erfassen können. Es sollten visuelle Eindrücke und Thesen sichtbar gemacht werden, um das Nebeneinander von glanzvoller Selbstinszenierung und Destruktivität bzw. Gewalt zu verdeutlichen. Es sollten auch politische Entscheidungsabläufe beleuchtet werden, die sich mit den klassischen Objekten nicht oder allenfalls durch die Reproduktion von Akten darstellen lassen.

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Damit sind die Grenzen einer historischen Ausstellung bzw. der Ausstellbarkeit angedeutet. Fotos, Gemälde und dreidimensionale Objekte sind Zeugnisse politischer oder gesellschaftlicher Entscheidungen und Lebensformen; sie sind zumeist affirmative Selbst-Darstellungen oder auch nachträgliche, traditions- und zusammenhangsstiftende Visualisierungen von Geschichte. Sie zeigen jedoch selten politisch-soziale Systeme und Prozesse in ihrer Komplexität – dafür ist eine nachträgliche museale Inszenierung und Kommentierung erforderlich. Historische Objekte haben überdies eine eigene Logik, die nur bedingt mit dem Ausstellungsnarrativ in Deckung zu bringen ist. Denn sie besitzen einen Eigensinn, der für andere Erzählungen und Deutungen bzw. Wahrnehmungen steht sowie eigene ästhetische Dimensionen besitzen kann. Sie können zu Trägern ganz unterschiedlicher Bedeutungen und Wahrnehmungen des Betrachters werden. Die Präsentation von Alltagsgegenständen, mit denen die Selbstmobilisierung der Gesellschaft, ihre Selbstdarstellung als national-sozialistische „Volksgemeinschaft“ veranschaulicht werden soll, gerät so zur Darstellung von Lebensformen der technisch-zivilisatorischen Moderne unter den Bedingungen eines auf Konsens ausgerichteten diktatorischen Systems. Doch lässt sich mit den Mitteln musealer Präsentation allein nicht die Vielschichtigkeit gesellschaftlichen Lebens und sozialen Verhaltens erfassen, da uns die Lampions mit Hakenkreuzen oder die Weihnachtsbaumspitzen in Hakenkreuz-Form für sich genommen nichts über deren Verbreitung verraten. Durch ihre große Anschaulichkeit können sie leicht den Eindruck erwecken, als sei die deutsche Gesellschaft in den Jahren 1933 bis 1945 flächendeckend mit NS-Symbolen und anderen Zeichen der Zustimmung übersät gewesen, ohne dass es Nischen der Nichtbeachtung oder auch der Verweigerung gegeben hätte.

Eine Sonderausstellung bietet im Unterschied zu einer Dauerausstellung die Chance zur thesenförmigen Zuspitzung und zum Experimentieren. Sie erprobt die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von zeitgenössischen Objekten, die eindeutig oder auch versteckt als Instrumente der Selbstdarstellung und Propaganda angefertigt und genutzt wurden. Dass dabei die Gebote der Quellenkritik zu beachten sind, ist selbstverständlich und kein Spezifikum für Themen der NS-Zeit. Zusätzliche Vorsicht geboten ist aus geschichtspolitischen Gründen jedoch etwa bei der Präsentation von persönlichen Gegenständen Hitlers, denen gelegentlich und ganz unbegründet der Charakter profaner Reliquien zugesprochen wird. Die Ausstellung versuchte, möglichen unterschwelligen Wirkungsmechanismen dieser Art durch Verfremdung und Brechung entgegenzutreten.

Das wurde in der Ausstellungskritik, und damit seien schließlich Aspekte der Rezeption angesprochen, gelegentlich als „Angst vor der eigenen Courage“ interpretiert.13 Einige Journalisten meinten damit die angebliche Sorge der Ausstellungsmacher vor dem Auftritt von Neonazis oder deren Wallfahrt zu einzelnen Objekten, die als Hitler-Devotionalien hätten verstanden werden können und die darum verkleinert oder überhaupt nicht gezeigt worden seien. Größere demonstrative Auftritte von Neonazis sind im DHM ausgeblieben, auch wenn Besucher vereinzelt ihre Sympathien für neonazistisches Gedankengut bekundeten. Vielleicht hat die gestalterische Vorsicht zu einem differenzierteren Umgang mit entsprechenden Relikten beigetragen und verdeutlicht, was zeigbar ist, ohne in die Gefahr der Hitler-Verklärung oder Sensationslust zu geraten. Auf plakative Thesen wurde jedenfalls bewusst verzichtet.

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Ein anderer Einwand lautete, dass die Figur Hitlers als „Führer und Reichskanzler“ in der Präsentation zu sehr in den Hintergrund getreten und von den Objekten aus dem Alltag verdrängt worden sei.14 Dieses Defizit oder zumindest diese Tendenz ist wohl der Preis dafür, dass im Gegensatz zu älteren Darstellungen der Anteil der „Volksgemeinschaft“ an den Verbrechen des NS-Regimes – sei es durch bloßes Gaffen und Hinnehmen, sei es durch eigennütziges Gewinn- und Aufstiegsinteresse, durch Furcht und mangelnde Zivilcourage, aber auch durch ideologische Voreingenommenheit und Indoktrination – in der Ausstellung stark gewichtet wurde,15 was freilich ganz der gegenwärtigen Forschung entspricht. Allerdings wurde dieser Eindruck in der Ausstellung durch die Macht der Bilder und Objekte unbeabsichtigt gesteigert, während sich die Institutionen der Täter und vor allem die Bedeutung Hitlers für die politischen Radikalisierungsprozesse nur sehr viel schwerer durch Objekte darstellen lassen. Dieses Defizit, so ist selbstkritisch anzumerken, wurde offensichtlich auch nicht dadurch kompensiert, dass auf den begleitenden Bildwänden Hitler sehr wohl in der Rolle des charismatischen Führers erschien. Dort wurden zudem wichtige politische und zerstörerische Entscheidungen, die letztendlich auf Hitler zurückzuführen sind, ausführlich durch Fotos und Texte dokumentiert sowie die Institutionen des Terrors gezeigt. Doch von den Objekten und ihrer Präsentation geht eine sehr viel größere Wirkung aus. Was den Reiz der musealen Präsentation ausmacht, die Begegnung mit originalen historischen Objekten, kann in diesem Zusammenhang auch ein Problem werden: Zur Erklärung notwendige „Flachware“ kann mit auffälligen Objekten nicht konkurrieren.

Einerseits wurde die Ausstellung, wie eingangs schon angesprochen, dennoch primär als „Hitler-Ausstellung“ wahrgenommen, wozu der Haupttitel „Hitler und die Deutschen“ beigetragen haben dürfte. Andererseits war in den Besucherbüchern durchaus abzulesen, dass die Grundthese der Ausstellung „angekommen“ war, nämlich das Wechselverhältnis zwischen dem Diktator und den gesellschaftlichen Befindlichkeiten bzw. Handlungsbedingungen der Zwischenkriegszeit zu betonen. Damit unterschied sich die Präsentation in der Tat von früheren oder anderen gleichzeitigen Ausstellungen zum Nationalsozialismus in Gedenkstätten und Dokumentationszentren16 oder in Museen, die ihren Gegenstand meist in dokumentarischer Breite oder in spezifischen (meist ortsbezogenen) Aspekten dargestellt haben. Doch trotz der stärkeren Fokussierung auf ein zentrales Thema konnten auch im DHM längst nicht alle Elemente angesprochen werden, die sich mit dem Ansatz der „Volksgemeinschaft“ bzw. des Wechselverhältnisses zwischen Hitler und der deutschen Gesellschaft angeboten oder aufgedrängt hätten. Diese Defizite wurden verschiedentlich kritisiert, während umgekehrt in einigen Rezensionen zu lesen war, dass eine stärkere Beschränkung auf weniger Objekte der Ausstellung gut getan hätte.

 

Blick in den Ausstellungsraum „Hitler und kein Ende“. Der „Spiegel“ brachte Adolf Hitler in ganz unterschiedlichen Variationen von 1964 bis 2009 insgesamt 42-mal als Covermotiv.
(Foto: A. Anweiler-Sommer/DHM)

Eine häufig gestellte Frage lautete, warum die Ausstellung gerade oder erst jetzt gezeigt werde. Einen konkreten Anlass in Form eines Jahrestags gab es nicht. Ob eine Ausstellung mit einer entsprechenden Thematik vor 10 oder 20 Jahren möglich gewesen und auch allgemein akzeptiert worden wäre, ist schwer zu entscheiden.17 Die deutliche Zurückhaltung, mit der die Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestags im Unterschied zu ihrem sonstigen Verhalten bei Ausstellungseröffnungen und vor allem im Unterschied zu den deutschen und internationalen Medien auf die Ausstellung reagierten,18 lässt vermuten, dass es solche Tabus noch immer gibt. Doch ist es nach einem langen, konfliktreichen und keineswegs geradlinigen Weg heute möglich, die in sich gestufte Mitverantwortung von weiten Teilen der Gesellschaft für die nationalsozialistische Herrschaft auch öffentlich deutlich anzusprechen, ohne auf heftige Ablehnung zu stoßen.19 Die sehr große Resonanz, die die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum gefunden hat, ist vermutlich auch Reflex eines mittlerweile auf breiter Front eingetretenen Wahrnehmungs- und Generationenwandels, durch den der Anteil der Zeitgenossen der Diktatur und damit der Erlebnisgeneration immer geringer wird und sich ein entspannterer, dabei keineswegs gleichgültiger Umgang mit der belastenden Vergangenheit des Nationalsozialismus ergibt.20 Statt der Frage, ob man Hitler (und die NS-Herrschaft insgesamt) ausstellen dürfe, wird sich künftig noch stärker die Frage stellen, wie dies geschehen kann.

Anmerkungen: 

1 Die Ausstellung wurde vom 15.10.2010 bis zum 27.2.2011 im Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt. Vgl. die Website: <http://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hitler-und-die-deutschen/> und dort als Einblick in die Ausstellungsräume besonders die 360°-Panoramen: <http://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hitler-und-die-deutschen/panoramen.html>. Genaueres zum Konzept und zur Realisierung bietet der Katalog: Hans-Ulrich Thamer/Simone Erpel (Hg., im Auftrag der Stiftung Deutsches Historisches Museum, Berlin), Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen, Dresden 2010. Dem Charakter dieses Essays entsprechend wird auf ausführliche weiterführende Belege im Folgenden verzichtet.

2 Die Ausstellung „Hoffmann & Hitler. Fotografie als Medium des Führer-Mythos“, die von Rudolf Herz sehr gründlich und wissenschaftlich fundiert vorbereitet worden war und von Januar bis April 1994 im Stadtmuseum München gezeigt wurde (meines Wissens ohne Probleme), konnte seinerzeit aufgrund einer politischen Intervention und mit der Begründung, dass Hoffmanns Propagandafotos nach wie vor eine unkontrollierte Faszinationskraft ausüben könnten, nicht vom Deutschen Historischen Museum übernommen werden, obwohl sie dort bereits für den Frühsommer 1994 angekündigt war. Der gleichnamige Katalog zur Ausstellung erschien ebenfalls 1994 und stellt bis heute ein wichtiges Arbeitsmittel für die Fotografiegeschichte dar.

3 Zum Forschungsstand allgemein vgl. Dietmar und Winfried Süß (Hg.), Das „Dritte Reich“. Eine Einführung, München 2008; Michael Wildt, Geschichte des Nationalsozialismus, Göttingen 2008.

4 Dazu vor allem Ian Kershaw, Hitler 1889–1936, Stuttgart 1998.

5 Zur Bedeutung und Differenzierung des Charisma-Konzepts für die Anwendung auf Hitler siehe zuletzt Hans-Ulrich Wehler, Der Nationalsozialismus. Bewegung, Führerherrschaft, Verbrechen 1919–1945, München 2009; Ludolf Herbst, Hitlers Charisma. Die Erfindung eines deutschen Messias, Frankfurt a.M. 2010. In Auseinandersetzung mit dem vierten Band von Wehlers „Deutscher Gesellschaftsgeschichte“ (2003) vgl. bereits Michael Wildt, Charisma und Volksgemeinschaft, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 1 (2004), S. 101-105.

6 Zur diesbezüglichen Diskussion vgl. Frank Bajohr/Michael Wildt (Hg.), Volksgemeinschaft. Neue Forschungen zur Gesellschaft des Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 2009; als Gegenposition siehe Hans Mommsen, Amoklauf der „Volksgemeinschaft“? Kritische Anmerkungen zu Michael Wildts Grundkurs zur Geschichte des Nationalsozialismus, in: Neue Politische Literatur 53 (2008), S. 15-20; als Versuch einer Synthese vgl. Ian Kershaw, „Volksgemeinschaft“. Potenzial und Grenzen eines neuen Forschungskonzepts, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 59 (2011), S. 1-17, sowie die Replik von Michael Wildt im vorliegenden Heft.

7 Vgl. etwa Klaus Hesse/Philipp Springer, Vor aller Augen. Fotodokumente des nationalsozialistischen Terrors in der Provinz, Essen 2002.

8 Kershaw, Hitler 1889–1936 (Anm. 4), S. 663.

9 Zit. bei Wibke Bruhns, Meines Vaters Land. Geschichte einer deutschen Familie, München 2004, S. 261.

10 Zu dem bisher nur im heimatgeschichtlichen Zusammenhang bekannten Teppich, der zu einem viel beachteten Ausstellungsstück wurde, siehe auch die kunsthistorische Untersuchung von Kerstin Merkel, Kirche und Nationalsozialismus im Rotenburger Kirchenteppich, in: Rund um den Alheimer. Beiträge zur Geschichte und Landeskunde von Rotenburg 20 (1999), S. 48-72.

11 Vgl. Gerhard Paul, Aufstand der Bilder. Die NSDAP-Propaganda vor 1933, Bonn 1990.

12 Dazu Claudia Schmölders, Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, München 2000.

13 Zuerst von Frank Hornig/Michael Sontheimer, Führer im Kleinformat, in: Spiegel, 11.10.10, S. 37f. Zur Medienresonanz der Ausstellung siehe auch die Nachweise unter <http://www.zeithistorische-forschungen.de/sites/default/files/medien/material/2011-1/medienresonanz-dhm.pdf>.

14 Andreas Kilb, Hitler, menschlich gehäkelt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.10.2010, S. 29.

15 Dies wurde in der Presse auch sehr oft anerkannt; vgl. z.B. Michael Slackman, Hitler Exhibit Explores a Wider Circle of Guilt, in: New York Times, 15.10.2010.

16 Das gilt auch für das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg, das zwar die zentrale Rolle des Führer-Kults in den Inszenierungen der Reichsparteitage darstellt, aber Hitlers Bedeutung für das NS-Regime nicht umfassend thematisiert. Dies wiederum geschieht ausführlich in der Dauerausstellung „Die tödliche Utopie“ in der „Dokumentation Obersalzberg“, die jedoch stärker mit Fotos und Reproduktionen und weniger mit historischen Originalobjekten arbeitet, dafür allerdings mit der „Aura“ des Ortes Besucher anzieht. Der Name Hitler taucht bei beiden Einrichtungen nicht im Titel auf.

17 Vgl. oben, Anm. 2.

18 Dies hat vor allem die französische Presse registriert; siehe z.B. Le Monde, 14.10.2010. Das DHM hat über 1.000 in- und ausländische Medienberichte über die Ausstellung gesammelt.

19 Eine von wenigen Ausnahmen war ein Leserbrief von Alfred Grosser, Die deutsche Kollektivschuld ist wieder da, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.12.2010, S. 6. Er warf den Initiatoren vor, die Ausstellung belebe die Kollektivschuldthese. Sicher ist es nicht grundsätzlich auszuschließen, dass das Konzept der „Volksgemeinschaft“ dazu tendiert, abweichendes Verhalten in der Gesellschaft von Kritik und Verweigerung bis zum Widerstand zu vernachlässigen. Doch die Hinweise auf die verschiedenen Wahlergebnisse des Jahres 1932 sowie auf die Formen der Verweigerung und des Widerstands, die Grosser in der Ausstellung meinte vermissen zu müssen, waren dort alle zu sehen. Seine Kritik fand in zwei weiteren Leserbriefen Zustimmung (Noch eine geschichtsklitternde Ausstellung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.1.2011, S. 10). Dort wurde in einem Atemzug mit der im Jüdischen Museum Berlin gezeigten Ausstellung „Zwangsarbeit. Die Deutschen, die Zwangsarbeiter und der Krieg“ (2010/11) beiden Präsentationen „Einseitigkeit“ und „Geschichtsklitterung“ vorgeworfen – mit dem Hinweis auf die Rolle der Deutschen als Opfer.

20 Dazu Christian Staas u.a., Was geht mich das noch an?, in: ZEIT-Magazin, 4.11.2010, S. 12-39. Das Heft stand unter dem Leitthema „War Ur-Opa ein Nazi? Und ist das mein Problem? Die 14- bis 19-Jährigen und der Nationalsozialismus“.

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