Graffiti digital

Das Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID)

  1. Graffiti als kulturelles Phänomen
    und als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung
  2. Das Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID)
  3. Perspektiven der Forschung und Partizipation

Anmerkungen

1. Graffiti als kulturelles Phänomen
und als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden alle Beschriftungen und Zeichnungen, die beiläufig oder illegal angebracht werden, als Graffitis bezeichnet.[1] Die Unterschiede im weiten Feld der Graffitis sind groß. Sie betreffen nicht nur die Gestaltung der Zeichen und deren Bedeutung, sondern auch die soziale Fundierung und Sinnhaftigkeit. Dies gilt für historische Graffitis, deren Spuren seit der Antike nachweisbar sind,[2] und ebenso für das zeitgenössische Graffiti.

Die dominierende Form der Gegenwart ist das Szene-Graffiti, eine jugendkulturelle und überwiegend illegale Erscheinung, deren Ästhetik durch Sprühdose und Farbstift geprägt ist. Es hat seinen Ursprung in der amerikanischen Graffiti-Kultur der 1960er- und 1970er-Jahre.[3] Bei dieser Form des Graffiti steht der Name im Zentrum, d.h. das selbstgewählte Pseudonym des Sprühers oder seiner Gruppe (»Crew«). Es geht darum, diesen Namen im öffentlichen Raum – in Städten und entlang von Verkehrswegen – sichtbar zu machen. Je stärker die Präsenz und die Sichtbarkeit des Namens, je spektakulärer die Anbringung – auf Zügen oder schwierig zu erreichenden Wänden – und je origineller der Buchstabenstil (»Style«) sowie die sprachliche, figürliche und dekorative Ausgestaltung des einzelnen Graffitis sind, umso höher sind die Anerkennung (»Fame«) und der künstlerische und gruppensoziale Status, den der Sprüher bzw. die Crew in der Szene genießen.[4] Das Graffiti »GISMO«, in dem ein Mannheimer Sprüher der ersten Stunde seinen Namen im »Wild Style« gestaltet hat, gibt hierfür ein Beispiel.

»GISMO«, Mannheim 1995
(Foto: Polizei Mannheim. Alle Abbildungen dieses Beitrags stammen aus dem Bestand des Informationssystems Graffiti in Deutschland [INGRID] der Universität Paderborn und des Karlsruher Instituts für Technologie.)

Als Teil der Hip-Hop-Bewegung wurde die amerikanische Graffiti-Kultur im Laufe der 1980er-Jahre zu einem globalen Phänomen.[5] Durch Filme wie »Wild Style« und »Style Wars« sowie Fotobücher wie »Subway Art« und »Spraycan Art« fand diese Form des Graffiti ein internationales Publikum und Nachahmer in den Jugendkulturen weltweit.[6] Im Zuge der Popularisierung und Ausbreitung der Graffiti-Bewegung sind auch die Künste und die Wissenschaften auf das Thema aufmerksam geworden. Schon in den 1970er-Jahren setzte eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Graffiti ein, die die öffentliche Wahrnehmung bis heute prägt.[7]

Seit Beginn der 1990er-Jahre ist eine zunehmende Professionalisierung der Graffiti-Szene festzustellen. Dazu beigetragen hat auch die gesellschaftliche Aufwertung von Graffiti im Zuge der deutschen Wiedervereinigung und des Falls der Berliner Mauer. Die zumindest auf der westlichen Seite mit Graffitis übersäte, von ihrer ursprünglichen Funktion befreite Mauer galt als Symbol für das Ende der Unfreiheit, beinahe, als hätte Graffiti oder der Geist, der dahinter steckt, die Mauer zu Fall gebracht. Graffiti wird seither zwar nicht ausschließlich, aber doch zunehmend als Indikator für Freiheitsbestrebungen, für den bevorstehenden Untergang diktatorischer Systeme wahrgenommen. Mit Graffiti wird ein gesellschaftlicher Veränderungswille im Sinne westlicher Freiheits- und Demokratievorstellungen verbunden. Von der gestiegenen Wertschätzung für Graffitis zeugen nicht zuletzt die denkmalpflegerischen Debatten um die Berliner East Side Gallery, die besprühte und bemalte Mauerreste konserviert.[8]

Abbildungen von Graffitis auf den Titelseiten großer Tageszeitungen sind heute keine Seltenheit mehr. Dies erklärt sich nicht allein durch das öffentliche Interesse, das prominenten Street-Art-Künstlern wie Banksy oder Shepard Fairey zuteilwird. So nutzte die »Süddeutsche Zeitung« in jüngerer Zeit oft Fotos von Graffitis, um ihrer politischen Berichterstattung Aufmerksamkeit zu verleihen und ihrem bürgerlichen Image eine Anmutung von Jugendlichkeit und Rebellion hinzuzufügen. Oft wird der Fall von Diktaturen in Nordafrika und im Nahen Osten mit Graffitis illustriert, die als Indikator für die Zerstörung der bestehenden Ordnung, als Ausdruck eines virulenten Liberalisierungswillens von unten und in diesem Zusammenhang als etwas Gutes interpretiert werden.[9]

Vor dem Hintergrund der gestiegenen Akzeptanz des Graffiti breitete sich die Bewegung während der frühen 1990er-Jahre in Deutschland sehr stark aus. Die Polizei versuchte diese Entwicklung durch die Einrichtung von Ermittlungsgruppen einzudämmen, was zunächst auch gelang. Nachdem die ersten dieser Gruppen dann personell wieder reduziert oder ganz aufgelöst wurden, entstand in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre eine neue Welle, die später sogar den Gesetzgeber auf den Plan rief und zu einer Ergänzung von § 303 StGB führte.[10] Im Zuge dieser neuen Welle und mit Unterstützung der Neuen Medien setzte dann die erwähnte Professionalisierung der Graffiti-Szene ein. Zum einen wurden große Events und Ausstellungsereignisse etabliert, bei denen sich die Szene treffen und sich ihrer zunehmenden Präsenz und Bedeutung bewusst werden konnte.[11] Sprüher begannen vermehrt legal zu arbeiten und in der Folge ihre handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten zu verbessern. Zum anderen bildete sich eine »Graffiti-Industrie« mit eigenen Vertriebs- und Vermarktungsinstrumenten heraus, zu denen vor allem Magazine und Websites gehörten.

Graffitis und auch die Praktiken ihrer Herstellung sind Formen der Aneignung des öffentlichen Raums und des urbanen Place-Making.[12] Ihre Platzierung markiert die Aktionsräume der Graffiti-Szene und hat soziale Indikatorfunktion. Ihre bildliche und schriftsprachliche Gestaltung, ihre Semantik und Funktionalität geben Hinweise auf Themen, Einstellungen, Ethik und Relevanz-Setzungen der meist jugendlichen Akteure. Dies macht Graffiti für verschiedene wissenschaftliche Disziplinen zu einem zunehmend interessanten Forschungsgegenstand, auch wenn das Thema innerhalb der einzelnen Fächer bislang nur eine marginale Rolle spielt und es selten zu interdisziplinären Kooperationen kommt.[13]

In der Bundesrepublik setzte die Erforschung von Graffiti bereits um 1980 ein, noch bevor das American Graffiti weltweit populär wurde. Ausgelöst wurde die Forschung unter anderem durch das Medieninteresse an dem in der Schweiz strafrechtlich verfolgten Sprayer von Zürich, Harald Naegeli, der von bundesdeutschen Künstlern und Intellektuellen öffentlich in Schutz genommen wurde.[14] Die frühen deutschsprachigen Publikationen aus der Kunstgeschichte, der Sozialpädagogik, der Ethnographie und der Linguistik thematisierten Graffiti in einer weiten Perspektive, die das gesamte Spektrum des illegalen Sprühens, Schreibens und Einritzens von bildlichen und schriftlichen Zeichen in den Blick nahm.[15] Die Autorinnen und Autoren, die für ein wissenschaftliches Publikum schrieben, bemühten sich um eine historische und künstlerische Kontextualisierung von Graffiti, diskutierten aber auch soziale, stadtkulturelle und städtebauliche Aspekte.

Die Popularisierung des American Graffiti engte die Perspektive einer bis dahin an der Vielfalt der Erscheinungsformen orientierten Graffiti-Forschung schon in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre deutlich ein. Kenntnisreiche Publikationen wie »Das Graffiti-Lexikon« des Münchner Ethnologen Peter Kreuzer und insbesondere das »Graffiti-Lexikon« des Sozialpsychologen Bernhard van Treeck, die tiefe Insider-Kenntnisse und umfangreiches Szene-Wissen vermittelten, richteten sich vor allem an eine jugendliche Leserschaft und lenkten den Blick verstärkt auf die Tradition des American Graffiti und dessen Nachahmer in Europa, besonders in Deutschland.[16] Beschreibungs- und Bewertungskategorien des amerikanischen Graffiti wurden adaptiert, was zu einer Normierung des Blicks und zu einer Konzentration auf ästhetisierte, ausgestaltete Graffitis führte. In jüngster Zeit erweitert sich das Interesse der deutschsprachigen wie der internationalen Graffiti-Forschung zunehmend auf das Feld der Street Art, die in den 1990er-Jahren aus der Graffiti-Bewegung entstanden ist.[17] Die Street Art hat nicht nur europäische Formen wie das Schablonengraffiti wiederentdeckt, sondern darüber hinaus auch eigene Formen und Gattungen hervorgebracht, die im Unterschied zum Szene-Graffiti nicht mehr schriftsprachlich fundiert sind.[18] Street-Art-Künstler stammen in der Regel aus einer anderen Altersgruppe als die jugendlichen Graffiti-Sprüher. Ihre Kunst wird im Allgemeinen nicht von der Polizei verfolgt.[19]

Viele der publizistischen, dokumentarischen und archivalischen Aktivitäten zum Graffiti sind abseits der universitären Forschung angesiedelt, im Bereich des Journalismus und der populärwissenschaftlichen Literatur oder in privaten, oft kommerziell orientierten und meist szenenahen Initiativen. Für die Forschung sind diese Aktivitäten nur von begrenztem Nutzen, weil sie nicht nach wissenschaftlichen Standards arbeiten. Vor allem fehlt es an gesicherten, das heißt lokalisier- und datierbaren Bildern, um Graffiti wissenschaftlich untersuchen zu können. Darüber hinaus sind die Inhaber der Bildrechte meist nicht zu ermitteln.

Ein Team aus Sprachwissenschaftler/inne/n der Universität Paderborn und Kunsthistoriker/inne/n des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) unter unserer Leitung begann im Sommer 2012 mit der Entwicklung eines Konzepts für eine interdisziplinäre Forschungsdatenbank zum Thema Graffiti. Da es sich bei Graffiti um eine kulturelle Form handelt, die sowohl schriftliche als auch bildliche Eigenschaften besitzt,[20] lag eine Kooperation zwischen der Sprachwissenschaft und der Kunstgeschichte nahe. Die Vorarbeiten bestanden zunächst darin, Formen und Möglichkeiten einer interdisziplinären Arbeitsweise zu erproben und die Grundlagen für den Aufbau einer Bilddatenbank mit dem Ziel einer breiten wissenschaftlichen Nutzung zu prüfen. Seit April 2016 wird das Projekt, das den Titel »Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID)« trägt, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.[21] Es versteht sich als Grundlagenforschung, die Graffiti-Bildbestände sichert, erschließt und bereitstellt, die für weiterführende Forschungen verschiedenster Disziplinen sowie unterschiedlichster theoretischer und methodischer Ausrichtungen verwendet werden können. Graffitis sind kulturelle Zeugnisse ihrer Zeit und für viele Fächer von hohem Erkenntniswert. Es handelt sich um Sinninszenierungen einer nicht legitimierten Schrift- und Bildkultur. Ihre Erforschung kann dazu beitragen, den Blick auf die jüngere Sozial- und Kommunikationsgeschichte der Stadt zu erweitern.

2. Das Informationssystem Graffiti in Deutschland (INGRID)

2.1. Die Idee. INGRID erhebt keine eigenen Bilddaten. Der Ansatz des Projekts besteht vielmehr darin, existierende Datenbestände zu ermitteln, ihre Eignung für die digitale Erfassung zu prüfen und sie in einer zentralen Datenbank zusammenzuführen, die der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt wird. Die bisher kursierenden Bilder zum Graffiti in Deutschland, die in Szene-Magazinen und auf Websites veröffentlicht sind, in einschlägigen Monographien und Katalogen, wurden selten systematisch erhoben. In der Regel sind diesen Bildern keine zuverlässigen Informationen über den Fotografen, den Ort und das Datum der Aufnahme beigefügt. Die Fotos stammen oft aus der Szene und wurden von einzelnen Sprühern anonym für die Veröffentlichung bereitgestellt, oder sie wurden von Autoren speziell für ihre Veröffentlichungen angefertigt oder zusammengetragen. Das publizierte Bildmaterial ist zumeist punktuell erhoben worden und deshalb kaum geeignet für weiterführende wissenschaftliche Untersuchungen, die an Entwicklungen und Veränderungen interessiert sind, die längere Zeiträume in den Blick nehmen und Vergleiche anstellen möchten. Wenn die Fotografen anonym bleiben, verhindert auch die ungeklärte Frage nach den Bildrechten die wissenschaftliche Nutzung.

Der Ansatz von INGRID ist es deshalb, sich bei der Recherche nach geeigneten Datenbeständen zunächst auf institutionelle Quellen zu konzentrieren – auf Bildbestände von Behörden, Archiven und Forschungsprojekten. Angeregt durch die kriminalwissenschaftliche Literatur über Graffiti[22] wird insbesondere die Idee verfolgt, Bilddaten der Polizei, das heißt Fotos, die im Rahmen der polizeilichen Graffiti-Ermittlung aufgenommen wurden, für Forschungszwecke nutzbar zu machen. Diese Daten sind für wissenschaftliche Untersuchungen gut geeignet, weil den Bildern präzise Informationen über Ort und Datum der Aufnahme zugeordnet sind.

Am Ende eines langen und aufwendigen Prozesses, in den neben der Projektleitung auch die Rechtsabteilungen der beteiligten Universitäten, Ermittlungsgruppen der Polizei, Polizeipräsidien, Landespolizeidirektionen, Innenministerien, Staatsanwaltschaften und Justizministerien involviert waren, ist es gelungen, größere Bildbestände von Ermittlungsgruppen in Köln, Mannheim und München für die wissenschaftliche Nutzung zu erhalten. Weil in diesen Städten seit den 1990er-Jahren kontinuierlich Ermittlungsgruppen bestanden, ist das vorhandene Bildmaterial hier umfangreicher als an anderen Orten. Zusammen mit der Sammlung Kreuzer, einem Bestand von Aufnahmen Münchner Graffitis aus den frühen 1980er-Jahren, die der Ethnologe Peter Kreuzer für das Stadtarchiv München erhoben hat und deren wissenschaftliche Nutzung im Rahmen einer Kooperation mit dem Stadtarchiv München vereinbart wurde, bilden diese Korpora den Anfangsbestand von INGRID. Er umfasst mehr als 100.000 Graffiti-Aufnahmen aus den Jahren 1983 bis 2016. Der Bestand soll in den nächsten Jahren sukzessive erweitert werden – um Bilder aus west- wie aus ostdeutschen Städten,[23] um institutionelle wie auch um private Bildsammlungen.

2.2. Die Quellen. Durch die wissenschaftliche Bearbeitung bleiben insbesondere die polizeilichen Bildbestände als kulturelle Zeugnisse erhalten. Für gewöhnlich werden diese Bilder nach Ablauf der Verjährungsfrist von Straftaten gelöscht. Nur wenn dem fotografischen Material ein bleibender kulturgeschichtlicher Wert beigemessen wird, bemüht man sich nach den Vorgaben der Landesarchivgesetze um die Erhaltung.

Als besonders erhaltenswert und für die wissenschaftliche Forschung besonders geeignet ist der Graffiti-Bildbestand der Polizei Mannheim einzustufen. Es handelt sich um ein umfangreiches und homogenes Korpus von außergewöhnlicher Zeittiefe, das Aufnahmen der Jahre 1998 bis 2014 (dem gesamten Zeitraum, in dem die Ermittlungsgruppe existierte) umfasst, darunter ca. 32.000 analoge Bilder (Kleinbildnegative) von 1998 bis 2005 und ca. 18.000 digitale Aufnahmen von 2006 bis 2014, insgesamt also ca. 50.000 Aufnahmen. Auf der Basis dieses Bildbestands ist es erstmals möglich, die Entwicklung des Graffiti-Aufkommens in einer deutschen Großstadt über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren zu dokumentieren und zu untersuchen.

Die Mannheimer Ermittlungsgruppe arbeitete anders als die meisten Ermittlungsgruppen »operativ«.[24] Das bedeutet, dass sie nicht nur Anzeigen aufnahm und bearbeitete, sondern darüber hinaus die »Hot Spots« der Graffiti-Szene und die typischen Wege der Sprüher beobachtete und fotografisch festhielt. Dadurch ist der Bildbestand umfangreicher als bei anderen Ermittlungsgruppen, aber auch breiter gefächert, und umfasst in höherem Maße künstlerisch ambitionierte Graffiti. Der Mannheimer Bestand ist aufgrund seiner Seltenheit, seiner Größe und seiner Zusammensetzung von großer kultureller Bedeutung. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist nicht der künstlerische oder schriftkulturelle Wert der fotografierten Graffitis, sondern der wissenschaftliche Wert und die Einmaligkeit der Bildersammlung. Das Mannheimer Bildmaterial deckt fast alle bekannten Gattungen des Szene-Graffiti ab, allerdings in einem anderen Verhältnis als die einschlägigen Szene-Publikationen. Große, bildhafte Graffitis, »Pieces« genannt, wie das von »GISMO« (s.o., Teil 1), sind gegenüber den einfachen, linearen Signaturen, den sogenannten »Tags«,[25] wie dem der Mannheimer Crew »TFN«, in der Minderzahl. Das Mannheimer Bildmaterial stellt in dieser Hinsicht ein Korrektiv zum bisherigen Bild des Graffiti dar, das durch szenenahe Printmedien und Internetplattformen geprägt ist. Gerade für eine Untersuchung der Kleinformen des Graffiti bietet das Mannheimer Bildmaterial eine Grundlage, wie sie in diesem Umfang sonst nirgends zu finden ist.

»TFN«, Mannheim 2010
(Foto: Polizei Mannheim)

Typisch für das Szene-Graffiti ist seine Selbstbezogenheit, die in der Thematisierung der Diskrepanz zwischen dem (künstlerischen) Selbstverständnis und der ablehnenden Reaktion der Öffentlichkeit zum Ausdruck kommt. Dies zeigt sich sowohl in einer getaggten Botschaft wie »EURE ENGSTIRNIGKEIT KENNT KEINE GRENZEN!!« als auch in einem Crew-Namen wie »QUNST BANAUSEN« (Akronym: QBA), der als »Rooftop« an einem Gebäude entlang der Bahnlinie (»Line«) nördlich des Mannheimer Hauptbahnhofs zu sehen ist.

»EURE ENGSTIRNIGKEIT KENNT KEINE GRENZEN!!«, Mannheim 2010
(Foto: Polizei Mannheim)
»QUNST BANAUSEN« (QBA), Mannheim 2011
(Foto: Polizei Mannheim)

In starkem Kontrast zum Mannheimer Bestand steht die »Sammlung Kreuzer« aus dem Stadtarchiv München, bestehend aus ca. 5.400 Aufnahmen Münchner Graffitis, die der Ethnologe Peter Kreuzer in den Jahren 1983 bis 1985 als Mitarbeiter des Stadtarchivs München zusammengetragen hat.[26] Es ist bislang der einzige größere Bestand an Graffiti-Aufnahmen in öffentlichem Archivbesitz in Deutschland. Im Rahmen einer Kooperation zwischen INGRID und dem Stadtarchiv München wurden die Dias digitalisiert und in die Datenbank aufgenommen.

»RAY«, München 1985
(Foto: Sammlung Kreuzer, Stadtarchiv München)

Die Sammlung Kreuzer ist ein weltweit einmaliger Bestand, was den Beginn und die frühen Jahre der Popularisierung des American Graffiti in Europa betrifft.[27] Sie dokumentiert die ersten Versuche der Adaption amerikanischer Muster, besonders in der Gestaltung von »Pieces«, wie zum Beispiel die Graffitis von »RAY«, einem der frühen Münchner Graffiti-Sprüher, zeigen. Außerdem zeugt sie von der Kultur des politischen Graffiti in der Tradition der Aachener Wandmaler,[28] in der Graffitis wie »HOCH-SICHERHEITS-TRAKT« stehen, und der Sponti-Parolen wie »make peace not war«, die in den frühen 1980er-Jahren das Bild der Städte dominierten.

»HOCH-SICHERHEITS-TRAKT«, München 1984
(Foto: Sammlung Kreuzer, Stadtarchiv München)
»make peace not war«, München 1984
(Foto: Sammlung Kreuzer, Stadtarchiv München)

Diese Kultur des politischen Graffiti, die gesellschaftliche Themen aufgriff, ist heute vom Szene-Graffiti, das eher unpolitisch geblieben ist und diese Tradition nicht adaptiert hat, verdrängt worden und im Stadtbild kaum mehr präsent. Für die zeitgeschichtliche Forschung, vor allem für die Erforschung der sozialen Bewegungen, der Jugend- und Protestkulturen in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren, können solche Graffitis wichtige Quellen sein. Zugleich dokumentieren sie – und das macht sie für die Kunst- und Kulturwissenschaften interessant – die Kopräsenz einer spezifisch europäischen, figürlichen Graffiti-Kultur in der Tradition des französischen Sprühers Gérard Zlotykamien und des Zürchers Harald Naegeli, auf die die »Figur am Tor« anspielt (s.u.), während der frühen Phase der Aneignung des Szene-Graffiti in Westeuropa. Kreuzer hat dieselben Orte über einen Zeitraum von zwei Jahren oft mehrfach fotografiert, sodass Veränderungen dokumentiert sind. In der Analyse können dadurch zum Beispiel auch Interaktionsprozesse erkennbar werden.

Figur am Tor, München 1984
(Foto: Sammlung Kreuzer, Stadtarchiv München)

Durch den Kontrast zwischen den Bildern der Polizei Mannheim und denen der Sammlung Kreuzer wird die Spezifik der einzelnen Bestände in besonderer Weise deutlich. Der Blick der Polizei auf Graffiti, der auf die Ermittlung der Sprüheridentität gerichtet ist, nach lesbaren »Tags« sucht und nach der Häufigkeit des Aufkommens von Graffitis einzelner Sprüher fragt, unterscheidet sich vom Blick des Wissenschaftlers und Ethnologen, der die Vielfalt und die Veränderungen der Graffitis zu dokumentieren versucht und dabei insbesondere auch die stadträumlichen Kontexte berücksichtigt, in denen sie entstehen. Diese Differenz trägt dazu bei, den Aussagewert der Fotos für das Phänomen Graffiti richtig einschätzen und relativieren zu können.

2.3. Digitalisierung, Erschließung, Bereitstellung. Die Entwicklung der Forschungsdaten erfolgt in INGRID in mehreren Schritten. Analog vorliegendes Bildmaterial, unter anderem ein Großteil des Mannheimer Bestandes und die gesamte Sammlung Kreuzer, wird zunächst nach den Digitalisierungsrichtlinien der DFG gescannt. Anschließend werden die Digitalisate zusammen mit den digital vorliegenden Bildbeständen in eine projektintern zugängliche Datenbank im Zentrum für Informations- und Medientechnologien (IMT) der Universität Paderborn übertragen. Beim Transfer der Daten von der Quelldomäne in die Gruppendomäne des Projekts erfolgt bereits eine automatisierte Teilannotation der importierten Bilder. Darauf folgt eine vollständige Metadatenerschließung, die arbeitsteilig und aufeinander abgestimmt von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Paderborn und Karlsruhe vorgenommen wird.

Zu den Aufgaben von INGRID gehört nicht nur die Sammlung und Bereitstellung von Graffiti-Bildbeständen, sondern auch die Entwicklung von Standards für die digitale Erfassung und inhaltliche Erschließung. Von den Institutionen, die die Bilder zur Verfügung stellen, werden nur wenige Metadaten überliefert: der Ort und das Datum der Aufnahme, ggf. noch das Sprüherpseudonym, soweit vorhanden und erkennbar. Die inhaltliche Erschließung der Bilder findet vollständig durch INGRID statt. Dabei werden die Graffitis mit ähnlicher Sorgfalt wie Schriftdokumente und Kunstdenkmäler erfasst. Für die Kategorisierung und Beschreibung werden sowohl die sprachlichen als auch die bildlichen Aspekte der Graffitis berücksichtigt. Dazu werden nicht nur szeneübliche, sondern auch (schrift)linguistische und kunstwissenschaftliche Kategorien und Termini verwendet. INGRID erfasst die auf den Fotos zu erkennenden Wörter, Texte, Bilder und Symbole, den Fundort bzw. die Georeferenz der Graffitis, die verwendete Technik, das Trägermedium, den Schriftkontext, den Typ und die Gattungszugehörigkeit, thematische Bezüge, die kommunikative Funktion, die (schrift)sprachliche Konstruktion, Informationen zu Stil und Farbe. Die Datenbank enthält ein Kommentarfeld und erfasst Informationen zur Datenprovenienz sowie das Aufnahmedatum des jeweiligen Fotos.[29] Die Urheber der Graffitis, die Sprüher und Sprühergruppen, werden – sofern erkennbar – nur mit ihren selbstgewählten Pseudonymen erfasst. INGRID enthält keine personenbezogenen Daten.

Nach der formalen und inhaltlichen Tiefenerschließung der Bilder wird der Datenbestand in eine dauerhafte Domäne überführt werden, die Schnittstellen und Anbindungen an bestehende Standards wie die Gemeinsame Normdatei (GND) bereitstellt. Als institutionelles Repositorium wird sie über eine Benutzeroberfläche der Universitätsbibliothek Paderborn für die Wissenschaft zur Verfügung stehen. Auf diese Weise ist aus heutiger technischer Perspektive die Sicherung, Erschließung und Nachnutzung der erfassten Graffitis und ihrer Metadaten gewährleistet. Durch Anbindungen an die großen Metadatenbanken und Dateninfrastrukturprogramme der beteiligten Fächer wie prometheus und CLARIN-D soll eine interdisziplinäre Vernetzung erreicht werden.

3. Perspektiven der Forschung und Partizipation

INGRID soll ein Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses werden, der kreative und kommunikative Prozesse in jugendkulturellen Handlungs- und Konflikträumen dokumentiert und erforschbar macht. Die Bilddatenbank schafft die Basis, um die Entwicklung des Phänomens Graffiti in Deutschland über längere Zeiträume und städtevergleichend zu untersuchen – qualitativ und quantitativ. Dies ist nicht nur für die Sprachwissenschaft und die Kunstgeschichte interessant, sondern auch für weitere Fächer, die sich mit Graffiti befassen – insbesondere für die Ethnologie, die Kultur- und Medienwissenschaften, die Urbanistik, die Stadtsoziologie und die Stadtquartiersplanung, aber auch für die Geschichts- und die Politikwissenschaft. Neben spezifisch kunstgeschichtlichen Fragen nach Stil und Ikonographie, künstlerischer Praxis und künstlerischem Selbstverständnis, nach dem Verhältnis von künstlerischem und nichtkünstlerischem Graffiti sowie spezifisch (schrift)linguistischen Fragen nach der (schrift)sprachlichen Form, der Grammatikalität, der Graphostilistik, der Multikodalität und den schriftkulturellen Traditionen des Graffiti sind es Fragen zur Kultur und Entwicklung des städtischen Raums, die mit INGRID neu gestellt und untersucht werden können. Durch die Georeferenzierung der Bilder wird es möglich sein, Städteprofile zu erstellen, die den Zusammenhang zwischen Graffiti und städtischer Infrastruktur sowie zwischen Graffiti und sozialen bzw. städtebaulichen Veränderungen aufweisen können.

INGRID schafft die Voraussetzungen für vertiefende Forschungen zum Thema Graffiti. Das Ziel ist es, die Funktion als zentrale Datenbank zum Thema Graffiti auszubauen und den Nutzen für die Wissenschaften weiter zu erhöhen. Das breite mediale Echo auf die Einrichtung und Förderung von INGRID hat das starke öffentliche Interesse an Graffiti und an der Notwendigkeit seiner wissenschaftlichen Bearbeitung aufgezeigt und zugleich eine Reihe von Partizipationseffekten ausgelöst, die dem Projekt neue Bildbestände aus institutionellen und privaten Quellen eingebracht haben. Dadurch angeregt, sollen Möglichkeiten und Modelle des Crowdsourcing evaluiert werden, um das Wissen über die Graffitis aktuell und die Auseinandersetzung mit dem Thema lebendig zu halten.

Anmerkungen:

[1] Zur komplexen Wort- und Begriffsgeschichte vgl. Martin Papenbrock/Doris Tophinke, Graffiti. Formen, Traditionen, Perspektiven, in: Heiko Hausendorf/Marcus Müller (Hg.), Handbuch Sprache in der Kunstkommunikation, Berlin 2016, S. 88-109, hier S. 89.

[2] Zur langen Vorgeschichte des heutigen Graffiti vgl. Johannes Stahl, Graffiti: Zwischen Alltag und Ästhetik, Bonn 1990.

[3] Zur Geschichte des amerikanischen Graffiti vgl. Tim Cresswell, In Place/Out of Place. Geography, Ideology and Transgression, Minneapolis 1996; Roger Gastman/Caleb Neelon, The History of American Graffiti, New York 2011.

[4] Vgl. Papenbrock/Tophinke, Graffiti (Anm. 1). Zur Terminologie des Szene-Graffiti vgl Craig Castleman, Getting Up. Subway Graffiti in New York, Cambridge 1982, S. 18-51; Peter Kreuzer, Das Graffiti-Lexikon. Wand-Kunst von A bis Z, München 1986; Bernhard van Treeck, Graffiti-Lexikon. Street Art. Legale und illegale Kunst im öffentlichen Raum, Moers 1993.

[5] Vgl. Steven Hager, Hip Hop. The Illustrated History of Break Dancing, Rap Music and Graffiti, New York 1984; Jannis Androutsopoulos (Hg.), Hip Hop. Globale Kultur – lokale Praktiken, Bielefeld 2003.

[6] Charlie Ahearn, Wild Style, Spielfilm, USA 1983, 82 Min.; Henry Chalfant/Tony Silver, Style Wars, Dokumentarfilm, USA 1983, 69 Min.; Henry Chalfant/Martha Cooper, Subway Art, New York 1984; Henry Chalfant/James Prigoff, Spraycan Art, London 1987.

[7] Zur Forschungsgeschichte vgl. Papenbrock/Tophinke, Graffiti (Anm. 1).

[8] Zum Berliner Mauergraffiti und zur East Side Gallery vgl. Heinz J. Kuzdas, Berliner Mauerkunst. Mit East Side Gallery, Berlin 1990, 11. Aufl. 2015; Ralf Gründer, Berliner Mauerkunst. Eine Dokumentation, Köln 2007; Armin Lindauer, Die Berliner Mauer. Der Anfang vom Ende, Mannheim 2009; East Side Gallery. Berliner Mauerbilder, Leipzig 2010.

[9] Vgl. Martin Papenbrock, Die Bewahrung des Ephemeren. Zur Dokumentation von Graffiti, in: Andrea von Hülsen-Esch (Hg.), Ephemere Materialien, Düsseldorf 2015, S. 169-187, hier S. 172f.

[10] § 303 StGB, der den Straftatbestand der Sachbeschädigung regelt (»Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft«), wurde 2005 durch einen zweiten Satz ergänzt (»Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert«), der als »Graffitibekämpfungsparagraph« in die juristische Literatur eingegangen ist. Vgl. Jörg Wünschel, Der Graffitibekämpfungsparagraph. Ein Keulenhieb des Strafrechts gegen die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Kunst?, in: Kunst und Recht. Journal für Kunstrecht, Urheberrecht und Kulturpolitik 10 (2008), S. 42-45.

[11] Vgl. u.a. Backjumps – The Live Issue, Ausst.-Kat. Berlin 2003 (Kunstraum Kreuzberg/Bethanien).

[12] Zu Graffiti als (schrift)kultureller und sozialer Praktik vgl. Doris Tophinke, »In den tiefsten Winkeln unserer Betonwälder tanzen die Namen ein farbenfrohes Fest und wir tanzten bis in die Morgenstunden« – Zur praktischen Kultur des Szene-Graffiti, in: Arnulf Deppermann/Helmuth Feilke/Angelika Linke (Hg.), Kommunikative und sprachliche Praktiken, Berlin 2016, S. 405-430.

[13] Vgl. Bernd Dollinger/Bettina Hünersdorf, Graffiti als Version und Subversion. Praxen kultureller Re-Regulierung und die Möglichkeit von Graffitiforschung, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 55 (2010), S. 171-185; zu neueren Ansätzen der Graffitiforschung vgl. Rafael Schacter, Ornament and Order. Graffiti, Street Art and the Parergon, Farnham 2014; Samuel Merrill, Keeping it real? Subcultural Graffiti, Street Art, Heritage and Authenticity, in: International Journal of Heritage Studies 21 (2015), S. 369-389; Jeffrey Ian Ross (Hg.), Routledge Handbook of Graffiti and Street Art, London 2016; David Karlander, Fleeting Graffiti: Backjumps, Mobilities and Metro Semiotics, in: Tilburg Papers in Cultural Studies 161 (2016), S. 1-18.

[14] Vgl. Harald Naegeli, Mein Revoltieren, mein Sprayen, Bern 1979.

[15] Franz-Joachim Verspohl, Mene mene tekel peres: Wandmalereien und Graffiti heute, in: kritische berichte 8 (1980) H. 1-2, S. 56-62; Walter Grasskamp (Hg.), Wilde Bilder. Graffiti und Wandbilder, Köln 1982 (= Kunstforum International Bd. 50); Siegfried Müller (Hg.), Graffiti. Tätowierte Wände, Bielefeld 1985; Regina Blume, Graffiti, in: Teun Adrianus van Dijk (Hg.), Discourse and Literature, Amsterdam 1985, S. 137-148; Renate Neumann, Das wilde Schreiben. Graffiti: Sprüche und Zeichen am Rand der Straßen, Essen 1986; Johannes Stahl (Hg.), An der Wand. Graffiti zwischen Anarchie und Galerie, Köln 1989; ders., Graffiti (Anm. 2).

[16] Vgl. Kreuzer, Das Graffiti-Lexikon (Anm. 4); van Treeck, Graffiti-Lexikon (Anm. 4).

[17] Vgl. Schacter, Ornament and Order (Anm. 13); Ross, Routledge Handbook (Anm. 13); Pedro Costa/Paula Guerra/Pedro Soares Neves (Hg.), Urban Intervention, Street Art and Public Space, London 2017. Vgl. auch die Ausgaben der Open-Access-Zeitschrift Street Art & Urban Creativity, Lissabon 2015ff.

[18] Zur Street Art vgl. Daniela Krause/Christian Heinicke, Street Art. Die Stadt als Spielplatz, Bugrim 2006; Julia Reinecke, Street Art. Eine Subkultur zwischen Kunst und Kommerz, Bielefeld 2007; Cedar Lewisohn, Street Art. The Graffiti Revolution, London 2008.

[19] Zur Abgrenzung von Graffiti und Street Art vgl. Anna Waclawek, Graffiti and Street Art, London 2011.

[20] Zur Schriftbildlichkeit des Graffiti vgl. Doris Tophinke, Minimalismus als Konzept: Schrift-Bild-Konstruktionen im Graffiti, in: Dieter Wrobel/Tilman von Brand/Markus Engelns (Hg.), Gestaltungsraum Deutschunterricht. Literatur – Kultur – Sprache, Baltmannsweiler 2017, S. 161-173.

[22] Vgl. Katrin Höffler, Graffiti – Prävention durch Wiedergutmachung. Implementation und Evaluation eines Münchner Modellprojektes, Berlin 2008.

[23] Die Graffiti-Bewegung in der DDR ist bisher nur in Ansätzen untersucht worden. Vgl. Leonard Schmieding, »Das ist unsere Party.« Hip Hop in der DDR, Stuttgart 2014. Nach 1989 entwickelte sich im Osten schnell eine Graffiti-Kultur nach westlichem Muster, die ihren Vorbildern mittlerweile in puncto Professionalität in nichts mehr nachsteht. Das zeigen insbesondere die Arbeiten der Weimarer Crew »Ma’Claim« und ihrer Mitglieder. Vgl. Falk Lehmann/Steffen Petermann, Ma’Claim: Finest Photorealistic Graffiti, Mainaschaff 2006.

[24] Vgl. Jürgen Willms, Graffiti. Ein Problem unserer Zeit. Polizeipräsidium Mannheim, Ermittlungsgruppe Graffiti, 3., erweiterte Aufl. Mannheim 1999.

[25] Zu den »Tags« vgl. Martin Papenbrock, Taggen als Kunstform. Zur Stilistik von Writer-Signaturen, in: Ludger Lieb/Stephan Müller/Doris Tophinke (Hg.), Graffiti. Deutschsprachige Auf- und Inschriften in sprach- und literaturwissenschaftlicher Perspektive, Wien 2017, S. 109-131.

[26] Die Sammlung bildete die Grundlage für Kreuzers Graffiti-Lexikon (Anm. 4).

[27] Zum Stand der Graffiti-Forschung in den USA vgl. Gastman/Neelon, History (Anm. 3); Ross, Routledge Handbook (Anm. 13). Schon in den frühesten Publikationen wurden auch der Einfluss des American Graffiti und die Ausweitung der Bewegung auf Europa dokumentiert. Vgl. Chalfant/Prigoff, Spraycan Art (Anm. 6). Größere Bilddatenbanken zum Graffiti gibt es in den USA nur im kriminologischen Bereich. Das umfangreichste Projekt auf diesem Gebiet ist das Graffiti Analysis Intelligence Tracking System (GAITS), das der US-Kriminologe Timothy Kephart im Rahmen seiner Dissertation erarbeitet hat. Vgl. Timothy Kephart, The Encoding of Gang Communication. An Analysis of Graffiti Messages, Long Beach 2001. Ursprünglich auf einer Datenbasis von 450 Fotos entwickelt, liegt dem Programm, das von vielen nordamerikanischen und australischen Städten zur Graffiti-Ermittlung verwendet wird, inzwischen eine Datenbank mit mehr als 3,5 Mio. Einträgen zugrunde. Unter dem Namen »Graffiti Tracker« wird es für die USA und für Australien mittlerweile auch als Online-Dienst angeboten.

[28] Zu den Aachener Wandmalern vgl. Walter Grasskamp, Politische Wandbilder: Aachen, in: ders., Wilde Bilder (Anm. 15), S. 124-133; Kreuzer, Das Graffiti-Lexikon (Anm. 4), S. 12, S. 67; Walter Grasskamp, Gegendemonstration. Der Aachener Wandmaler, in: ders., Der lange Marsch durch die Illusionen. Über Kunst und Politik. München 1995, S. 154-162 (über Klaus Paier, einen der beiden Aachener Wandmaler).

[29] Für Informationen zur Ontologie der Datenbank vgl. die INGRID-Webseite <https://www.uni-paderborn.de/forschungsprojekte/ingrid/datenbank/konzeption/>.

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