Abstract

Uta G. Poiger

Feministinnen haben seit den 1970er-Jahren im Umgang mit Schönheit und Kosmetik unterschiedliche Konzeptionen des »Selbst« entwickelt, oft sich an den Werbestrategien der Kosmetikindustrie reibend. Zeitschriften wie »Courage« und »Emma« boten dafür wichtige Foren. In der feministischen Kritik von Schönheitsidealen und Kosmetik war die Artikulation eines wahren Selbst wichtig und wurde zugleich immer wieder hinterfragt, besonders in feministischen Aneignungen des Punk. Ab den 1980er-Jahren wurde im Verständnis von Schönheit und Kosmetik zunehmend die Konzeption eines unternehmerischen Selbst deutlich, das Kosmetika situationsbedingt zur Darstellung eines flexiblen, selbstbewussten Subjekts einsetzt. Ausgehend von Topoi einer volkstümlichen Ethnologie – einem Verfahren des schnellen allgemeinen Kulturvergleichs, das sich in feministischen Analysen finden lässt, aber auch in globalen Werbekampagnen der Kosmetikindustrie – untersucht der Aufsatz, inwieweit das Verständnis von angeblichen ethnischen Unterschieden diese Entwicklungen mitgeprägt hat. Im 21. Jahrhundert leisten Menschen (auch Männer) ihre »Schönheitsarbeit« im Kontext ambivalenter Analysen von Schönheit – die als erreichbar, unterdrückend und befreiend zugleich gilt.

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Searching for the Authentic Self. Feminism, Beauty and the Cosmetics Industry in the Federal Republic of Germany since the 1970s

In evaluating beauty and cosmetics, feminists have developed different concepts of the ›self‹ since the 1970s, often in friction with the advertising strategies of the cosmetics industry. Alternative magazines like Courage and Emma offered important forums for such exchanges. In feminist critiques of beauty ideals and cosmetics, the articulation of a true or authentic self was important, and yet was regularly questioned, especially in feminist appropriations of punk. From the 1980s onwards, the concept of an entrepreneurial self has become increasingly evident in discussions of beauty and cosmetics; this entrepreneurial self uses cosmetics in specific contexts to present a versatile, self-assured subject. Working with the concept of vernacular ethnology – a method of rapid general cultural comparison which can be found in feminist analyses as well as in global advertising campaigns of the cosmetics industry – the essay examines how an understanding of alleged ethnic differences has contributed to these developments. In the twenty-first century, people (men included) perform their ›beauty work‹ in the context of ambiguous conceptualizations of beauty, which is regarded as being at once attainable, oppressive and liberating.

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