Zwischen Fordismus und Sozialreform

Rationalisierungsstrategien im deutschen und französischen Wohnungsbau 1900–1933

Anmerkungen

Im Rahmen des „Taylorismus“ und des „Fordismus“ als prägenden Konzepten des 20. Jahrhunderts bildeten Strategien der „Rationalisierung“ ein wesentliches Kernstück.1 „Normierung und Vereinheitlichung der Produkte, Zerlegung komplexer Arbeitsvorgänge und Arbeitsteilung, Reorganisation der Arbeitsprozesse und Betriebsabläufe“ spielten dabei eine wichtige Rolle.2 Diesem Rationalisierungsgedanken wurden auch Stadtentwicklung sowie Städte- und Wohnungsbau unterworfen. Das Spektrum der Reformbemühungen reichte von der Planung und Finanzierung über die Baustoffgewinnung bis hin zum Bauablauf und von der räumlichen Makroebene der Stadtregion über das Quartier und den Hausgrundriss bis hin zum Möbelstück.3

Im vorliegenden Aufsatz soll herausgearbeitet werden, inwiefern „Rationalisierungen“ nicht nur von der im engeren Sinne ökonomisch-betrieblichen Sphäre ausgehend die Gesellschaft „fordistisch“ umformten, etwa über die betriebliche und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, Fabrikorganisation und Raumgestaltung, sondern wie das Projekt der Rationalisierung auch umgekehrt aus breiten gesellschaftlich-kulturellen Bewegungen hervorging. Hierfür wollen wir das Beispiel des deutschen und französischen Wohnungsbaus der 1920er-Jahre heranziehen, da die Wohnungsfrage dieser Zeit präzise am Schnittpunkt zwischen wirtschaftlichen Produktionsweisen und sozialreformerischem Handeln anzusiedeln ist. Städtebau und Wohnungspolitik gewannen in diesem Kontext stark an politischer Bedeutung. Zum einen bestand bei französischen und deutschen Industriebetrieben ein großes Interesse an der Bereitstellung guter und preisgünstiger – und hierfür möglichst seriell hergestellter – Wohnungen für Arbeiterfamilien. Zum anderen entwickelten Staat, Reformbewegungen und Fachgruppen wie die Architekten und Stadtplaner umfassende Programme, die eine sozialstaatliche Wohnungsversorgung und „Hebung der Wohnsitten“ ebenfalls über die Rationalisierung des Bauwesens erreichen wollten.

Der Rationalisierungsbegriff wurde so im Wohnungs- und Städtebau der Zwischenkriegszeit sowohl in Frankreich wie in Deutschland zunehmend „eine Art Zauberformel“ zur Lösung grundlegender gesellschaftlicher Probleme.4 Von Kriegserfahrungen und Weltwirtschaftskrise ließ sich diese Fortschrittseuphorie nicht dämpfen – im Gegenteil. So konnte der Ökonom und Sozialreformer Otto Neurath 1919 im Kontext der revolutionären Umstürze in Deutschland die „Utopie als gesellschaftstechnische Konstruktion“ auffassen, die „unsere ganze Gesellschaft, vor allem unsere Wirtschaft, ähnlich wie einen riesigen Betrieb [behandelt]“.5

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Um diese sozialtechnische Dimension der Rationalisierung zu ergründen, fokussiert der vorliegende Aufsatz auf den Rationalisierungsprozess im Wohnungsbau und seine Rahmenbedingungen. Wir gehen der Frage nach, inwiefern gerade die Krisenerfahrungen eine Katalysatorrolle für die Entwicklung von Rationalisierungstechniken in den beiden Nachbarstaaten gespielt haben. Um den diesbezüglichen Einfluss des Krieges abzuschätzen, betrachten wir zunächst frühe Rationalisierungsansätze vor dem Ersten Weltkrieg (1.). Für die Phase nach 1914/18 wird gezeigt, dass in Deutschland der Kampf um die „Sozialisierung“ des Bauwesens im Vordergrund stand (2.), in Frankreich hingegen das Problem des Wiederaufbaus (3.). Trotz dieses Unterschieds lässt sich für beide Länder herausarbeiten, wie der Rationalisierungsgedanke hegemonial wurde, in der Weltwirtschaftskrise jedoch vorerst scheiterte (4.). Festzuhalten bleibt, dass die erst nach 1945 auf breiterer Basis umgesetzte Rationalisierung des Wohnungs- und Städtebaus keine bloße Übernahme amerikanischer Konzepte war, sondern mindestens ebenso stark aus europäischen Bedingungen und Entwicklungen hervorging (5.).

1. Anfänge der Rationalisierung in Deutschland und Frankreich vor dem Ersten Weltkrieg

Im Bauwesen bildete die Normierung von Bauteilen, Grundrissen und Gebäudeformen zweifellos die älteste und bedeutendste Traditionslinie der Rationalisierung. Die frühneuzeitlichen Fuggerhäuser in Augsburg oder die Hamburger Fachwerk-Fischerhäuser, Modellhäuser im deutschen Städtebau des 17. und 18. Jahrhunderts oder Siedlungsprojekte von Maria Theresia, Joseph II. und Friedrich II. sind Referenzprojekte einer langen Tradition typisierter Häuser und Bauteile.6 Die Rationalisierungsbewegung im Städtebau war also keineswegs ein Kind der städtebaulichen Moderne, sondern viel älter.7

Im Verlauf des Kaiserreichs nahm die Rationalisierung in der Bauindustrie stark zu, etwa in Form einer seriellen Produktion von Fenstern, Türen, Fassadenelementen und Grundrissformen, einer wachsenden Dominanz von Großbetrieben in der Baustoffgewinnung und eines Vordringens von Maschinen auf den Baustellen.8 Dieser Prozess wurde allerdings überdeckt von einer scharfen Kritik in Expertendiskursen, zum Beispiel der Nationalökonomen, an der Rückständigkeit des weiterhin überwiegend kleingewerblich strukturierten Bausektors. Hinter der maßstabsetzenden Großindustrie blieb diese Branche im Hinblick auf Eigenkapital, Betriebsgrößen, Maschinisierungsgrad usw. klar zurück.9 Seit der Jahrhundertwende verstärkten sich daher die Bemühungen um gezielte Rationalisierungen im Wohnungsbau, die etwa vom Deutschen Verein für Wohnungsreform, dem Werkbund sowie teilweise den Landesversicherungsanstalten als Geldgebern getragen wurden.10

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Bereits um 1910 waren dabei die zwei künftigen Hauptlinien der Rationalisierung im Wohnungsbau klar entwickelt: die Typisierung der Bauteile, Grundrisse und Haustypen einerseits sowie die Optimierung des Bauprozesses andererseits. Walter Gropius beschäftigte sich damals schon intensiv mit der erstgenannten Linie der seriellen Fertigung. Allerdings beschränkte er diese strikt auf die Bauteile, um die Freiheit der Architekten bei der Gestaltung der Gebäude zu erhalten.11 Der spätere Berliner Stadtbaurat Martin Wagner hingegen konzentrierte sich zur gleichen Zeit auf die zweite, „jüngere“ Linie der Ökonomisierung von Produktionsabläufen und Arbeitsvorgängen im Baugewerbe. Schon kurz vor dem Ersten Weltkrieg errichtete er in Rüstringen bei Wilhelmshaven in drei Monaten Bauzeit eine Kleinwohnungskolonie mit Typenhäusern nach der Methode des „Schichtbetriebes“, das hieß hier: einer genauen Bauablaufsplanung und -organisation.12 Wagner rezipierte dabei bereits die 1909 publizierten Erkenntnisse von Frank Gilbreth, des amerikanischen Wegbereiters der Rationalisierung im Bauwesen, auf den sich auch Frederick Taylor in seiner 1911 veröffentlichten, Epoche machenden Schrift über die wissenschaftliche Betriebsführung stützte.13

In Frankreich konzentrierten sich seit dem späten 19. Jahrhundert Ansätze zur Standardisierung im Hausbau ebenfalls auf die Entwicklung typisierter Grundrisse, mit denen eine Kostenreduzierung bei Sozialwohnungen erzielt werden sollte. Während sich dieses Konzept zumindest theoretisch bereits 1900 weitgehend durchgesetzt hatte, wurde die Typisierung von Bauelementen erst sehr vereinzelt vorangetrieben. Beispielsweise regten Bauwettbewerbe die partielle Verwendung normierter Bauelemente an.14

In Frankreich wie in Deutschland waren diese Ansätze eingebettet in eine Reformbewegung, die die Wohnungsfrage am Ende des 19. Jahrhunderts als Kern der Sozialen Frage identifizierte. Dabei entwickelte sich schon vor dem Ersten Weltkrieg vor allem die Rationalisierung der Raumorganisation zu einem zentralen Thema der Sozialreform. Die politische Antizipation von sozialen Bedürfnissen als Bedingung eines geordneten Gemeinwesens setzte in den Augen der Reformer einen vom Maßstab der Stadt bis hin zum Inneren der Wohnung funktional untergliederten Raum voraus. Der Erste Weltkrieg wurde der große Akzelerator, der dem Rationalisierungsgedanken zum gesellschaftlichen Durchbruch verhalf. Im Folgenden soll daher zunächst für Deutschland und dann für Frankreich rekonstruiert werden, wie der Krieg und die Nachkriegszeit die Rationalisierungsmethoden im Städte- und Wohnungsbau prägten.

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2. Deutschland 1914–1923: Rationalisierung im Banne von Krieg, Revolution und Krise

Wenn der Krieg zum großen Beschleuniger der Rationalisierung im Städtebau wurde, so stand dahinter der Stillstand im Wohnungsneubau, der sich kurzfristig durch die Umstellung auf die Kriegswirtschaft und ab 1916 durch die Baustoffbewirtschaftung im Rahmen des „Hindenburg-Programms“ dramatisch verschärfte. Zur existenziellen Dauerkrise, die im Grunde bis zum Ende der Weimarer Republik anhielt, spitzte sich das Problem durch die aufgrund des Kohlemangels und der Lohnerhöhungen stark gestiegenen Baukosten zu.

Seit 1916 wurde die Rationalisierung im Bauwesen zum beherrschenden Thema der deutschen Wohnungsdebatte.15 In der Praxis bahnbrechend wirkte vor allem der einflussreiche Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen (GBVfK). Dem 1912 gegründeten Verein gehörten außer Vertretern von Staat und Städten auch Bankiers, Großindustrielle, Wohnungsreformer, Terrain-gesellschaften und Baugenossenschaften an – zahlende Mitglieder waren unter anderem die Gemeinden Groß-Berlins, die Firmen AEG, Borsig, Ludwig Löwe & Co., Siemens und Halske AG sowie zahlreiche Baugenossenschaften, Terraingesellschaften und prominente Architekten. Der Verein legte schon 1916 ein Archiv mit bewährten Haus- und Wohnungsgrundrissen aus „sämtlichen deutschen Gartenstädten und großen Siedlungen sowie [von] bekannten Architekten“ an.16 Diese Grundrisse ließ der Verein auf einen einheitlichen Maßstab umzeichnen, typisierte sie und entwickelte dazu passende, normierte Balkenprofile, Fenster, Türen und Treppen. Die räumliche Anordnung der Wohnfunktionen wurde überprüft mit dem Ziel, eine „Bewirtschaftung des Hauses mit möglichst wenig Arbeitskräften und Arbeitsleistung“ zu erreichen. Im Zuge dieser Neuanordnung wurde etwa auf den Korridor verzichtet sowie „sämtliche Schmutzarbeit“ in einen gemeinsamen Bade-, Spül- und Waschraum verlegt.17

Solche Initiativen lagen deutlich vor der zumeist als Geburtsstunde der Normierung angesehenen Gründung des zunächst primär auf den Maschinenbau konzentrierten „Normenausschusses der Deutschen Industrie“ am 22. Dezember 1917.18 Im Normenausschuss wurde auch ein Unterausschuss für Bauwesen gebildet, dem als Vertreter des Deutschen Werkbundes die prominenten Architekten Hermann Muthesius, Peter Behrens und Walter Curt Behrendt angehörten.19 Im November 1918 veröffentlichte der Ausschuss bereits „Normenblätter“ für Fenster und Türen. Das Generalargument bei allen diesen Typisierungsbemühungen war, dass die tausendfach in großer Vielfalt produzierten Bauteile vom Türgriff bis zur Dachtraufe extrem „unwirtschaftlich“ hergestellt würden. Diese Vielfalt gründe sich nicht etwa auf „praktische Verwendung“ oder „Formenschönheit“, sondern allein auf „gedankenlose Gewohnheit“.20

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Der Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen konnte also bereits auf jahrelange eigene Untersuchungen und breite Erkenntnisse zur Typisierung aufbauen, als er 1917/18 die „Ford’sche Fabrikorganisation“ rezipierte. Die wesentlichen Effekte der Typisierung im Wohnungsbau fasste der Geschäftsführer des Vereins, Erich Leyser, summarisch zusammen: „Die Vorteile solcher Typen bestehen außer in der Verbilligung in der Aufstellung genauer Kostenanschläge ohne nachträgliche Überschreitung, in der Verkürzung der Bauzeit und damit Verringerung des Zinsverlustes, einheitlicher Bauleitung, in der genauen Bestimmbarkeit der Bauzeit, in der Bewirtschaftung einwandfreier Taxen und Erleichterung der Beleihung.“21 Die Normierung des „Produktes Haus“ bildete dabei zwar den strategischen Hebel für die Rationalisierung des Bauwesens. Diese erstreckte sich aber noch auf weitere Bereiche der Planung und Finanzierung, wie etwa auf „rationell aufgestellte Baupläne“ und eine „weitsichtige Finanzpolitik der Baugeldgeber“.22

Nach dem Krieg intensivierten sich die Rationalisierungsdebatten. Vor allem die Kommunen wurden nun zu einem Hauptträger praktischer Rationalisierungsmaßnahmen, und diese wurden zum Instrument eines sozialreformerisch orientierten Fordismus. In den Anfangsjahren der Weimarer Republik prägte insbesondere Martin Wagner der Debatte seinen Stempel auf. Schon 1918 ging er weit über Gilbreths Ansatz der Rationalisierung des Bauablaufs hinaus und prüfte alle Etappen der Planung und Bauausführung auf Einsparpotenziale – vom Bebauungsplan und der Bauordnung über das „Typenhaus“ und den „ökonomische[n] Baubetrieb“ bis zur „wissenschaftlichen Betriebsführung im Baugewerbe“.23 Seine Einstellung als Stadtbaurat in der zu dieser Zeit noch unabhängigen, wohlhabenden und von einer sozialliberalen Stadtverwaltung geführten Großstadt (Berlin-)Schöneberg zum 1. Juli 1918 erfolgte wesentlich aufgrund seiner Erfahrung mit den Taylor’schen Prinzipien. Eine der zentralen Vorgaben war der Bau einer Arbeitersiedlung, die in kommunaler Regie nach den neuen Prinzipien als „Lindenhof-Siedlung“ zum Prototyp der Rationalisierungsbewegung wurde.24

Im Oktober 1919 beteiligte sich Wagner auch an der Gründung des ersten gewerkschaftlichen Baubetriebes „Bauhütte Berlin“, der aus Streiks im Baugewerbe hervorging, und organisierte in den folgenden Jahren den „Verband sozialer Baubetriebe“ als Dachverband der gewerkschaftlichen Baubetriebe („Bauhütten“). Ebenfalls noch 1919 rief er eine „Forschungsgesellschaft für wirtschaftlichen Baubetrieb“ ins Leben, die allerdings im folgenden Jahr wieder aufgelöst wurde.25 Die von dem Dachverband herausgegebene Zeitschrift „Soziale Bauwirtschaft“ mit Wagner als Schriftleiter bot den reichsweit wachsenden Bauhütten „ständig Informationen zu Rationalisierungsfragen und ideologische Unterstützung“.26

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Angesichts der 1920 nur knapp gescheiterten Sozialisierung des Wohnungswesens und der Krise des alten Baugewerbes stellte die Gründung derartiger „Produktivgenossenschaften“ aus der Sicht der Gewerkschaften quasi eine sozialistische Umstellung der Betriebsformen von unten dar. In den ersten Nachkriegsjahren errichteten die gewerkschaftlichen Bauhütten unter anderem Genossenschaftssiedlungen in zahlreichen Städten (zum Beispiel in Solingen und Bremen) sowie in Köln das Müngersdorfer Stadion.27 Allerdings hatten die Bauhütten im medialen Sperrfeuer von Presse, privater Bauwirtschafts-Lobby und liberalen Parteien ihre Existenzberechtigung durch eine gegenüber den herkömmlichen Betrieben gesteigerte Effizienz nachzuweisen. Unter Führung Wagners gelang es, bis 1924 ein gewerkschaftliches Unternehmenskonglomerat zu etablieren, mit der „Deutschen Wohnungsfürsorge AG“ (DEWOG), der Gehag sowie weiteren Tochtergesellschaften. Die DEWOG übernahm fortan die „Rationalisierungsberatung“ der Bauhütten und finanzierte unter anderem Martin Wagner im Herbst 1924 eine Studienreise nach Amerika.28

 

Baustelle Hufeisensiedlung Britz. Szene aus einem Film von Martin Wagner über die Rationalisierung der Bauproduktion, 1925.
(aus: Verband Sozialer Baubetriebe [Hg.], Bauhüttenarbeit, Berlin 1928)

Ein anderer Entwicklungsstrang der Rationalisierung im Bauwesen der Weimarer Zeit ging von den Großunternehmen aus. „Das“ Großkapital nahm keine einheitliche, sondern eine ambivalente Haltung ein, wie sich am Beispiel des Elektrokonzerns Siemens und des Großkapitals im Bausektor zeigen lässt. Das primäre Interesse von Großunternehmen der Maschinenbau- und Elektroindustrie wie Siemens, Krupp und anderen am Städtebau bestand zunächst in einer „rationellen Raumorganisation“, das heißt in der Möglichkeit, „in kurzer Zeit Tausende aus einem Arbeiterreservoir, wie es eine Großstadt bietet, herauszuziehen, und auch Tausende dorthin wieder abzugeben“ – so Carl-Friedrich von Siemens 1917.29 Wo dies wegen eines starken Wohnungsmangels schwierig war, wie etwa im Ruhrgebiet, antworteten die Unternehmen vorrangig mit dem Bau von Werkswohnungen. Siemens hingegen konzentrierte sich zunächst auf die Verbesserung der lange Zeit prekären Verkehrsverbindungen aus Berlin zu seinem peripher gelegenen Hauptstandort Siemensstadt.

Deutlich darüber hinaus gingen die Aktivitäten des Konzerns im Wohnungsbau als Teil der betrieblichen Sozialpolitik und des Zugriffs auf die „Reproduktionssphäre“ der Siemens-Beschäftigten und ihrer Familien. Carola Sachse hat dies geradezu als Paradebeispiel einer fordistischen Zurichtung der Arbeiter „im Zuge der technischen, arbeitsorganisatorischen und betriebswirtschaftlichen Rationalisierung körper-, psycho- und sozialhygienischer Aspekte“ charakterisiert.30 Dabei lässt sich ein langfristiger Wandel von einer defensiven Sozialreform zur präventiven Sozialpolitik beobachten, in dem Krieg und Revolution den Wendepunkt bildeten. Die ältere, defensive Grundeinstellung des Konzerns hatte bereits Werner von Siemens 1888 umrissen, als er „die Beschaffung billiger, guter Wohnungen“ als „sicherste[n] Damm“ gegen die grassierende „Demoralisation“ der „arbeitenden Bevölkerung“ bezeichnete.31 Im Verlauf des Ersten Weltkrieges engagierte sich sein Sohn Carl-Friedrich von Siemens dann auch persönlich zunehmend in der Groß-Berliner Wohnungsdebatte. Er propagierte unter anderem, von einem diametral entgegengesetzten Standpunkt aus als Martin Wagner, ebenfalls die Gründung „gemeinnütziger Baugenossenschaften“ und deren Unterstützung durch „dem öffentlichen Recht angehörige Kassen“.32 Noch 1917 verliehen „Familie und Firma von Siemens“ dieser Position mit einer Stiftung von 3 Mio. Mark praktischen Ausdruck.33

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In den Jahren zwischen 1922 und 1940 ließ Siemens in mehreren Schüben verschiedene Siedlungen unterschiedlichen Charakters bauen, die sich in Zuschnitt und Standards an die jeweilige konjunkturelle Situation anpassten, bis hin zu mehreren „Nebenerwerbssiedlungen“ für Kurzarbeiter in den 1930er-Jahren. In den Grundrissen wurden Leitbilder der häuslichen Arbeitsorganisation und familialen Arbeitsteilung realisiert, die auf eine „‚Rationalisierung‘ der innerfamilialen Geschlechter- und Generationenverhältnisse“ hinwirkten. Allerdings bewiesen die Bewohner der modernen Wohnungen in aller Regel ein erhebliches Maß an Eigensinn; sie veränderten die vorgegebene Einrichtung und die geplanten Nutzungsmuster vielfach ganz erheblich.34

Die „Siemens-Position“ zur Rationalisierung war zusammengenommen stark „raumökonomisch“ und betriebszentriert ausgerichtet. Damit entsprach sie dem vom einflussreichen „Deutschen Institut für technische Arbeitsschulungen“ (DINTA) vertretenen Konzept einer „sozialen Rationalisierung“ mit dem Ziel der Steigerung der „Arbeitsfreude“ unter Einschluss von Freizeit- und Wohnbereich, Lebensführung und Familie.35 Zugespitzt formuliert verband sich bei Siemens eine grundsätzliche Zustimmung zu öffentlichen Wohnungsbauprogrammen (und deren Inanspruchnahme) mit einem relativ geringen Eigeninteresse an der technischen Rationalisierung im Bauwesen.

Deutlich davon unterschieden war die Haltung des Großkapitals im Baugewerbe selbst. Wurde die öffentliche Intervention in den Wohnungsbau von dessen verbandspolitischen Interessenvertretungen auch scharf kritisiert, so wanderten doch eine ganze Reihe von Großunternehmen aus benachbarten Geschäftsfeldern wie dem Tief- und Geschäftshausbau sowie dem Terraingewerbe in den Wohnungsbau ein. In Köln, Hamburg und selbst in Berlin – das viel weniger von der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft dominiert war als vielfach dargestellt – spielten große private Bauträger eine zentrale Rolle innerhalb eines „gemischtwirtschaftlichen“ Systems im Wohnungs- und Städtebau.36

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Die die Bauprojekte bestimmende Rolle der öffentlichen Fördermittel mit ihren Vorgaben in den Ausschreibungen setzte private wie gemeinnützige Unternehmen unter einen erheblichen Modernisierungsdruck. Allerdings verharrten die Verbände der Bauindustrie und des Handwerks trotz großen Interesses der Einzelunternehmen an öffentlich geförderten „rationalisierten“ Projekten in vehementer Gegnerschaft zur Staatsintervention im Wohnungsbauwesen. Diese Haltung trug 1931 entscheidend zur Auflösung der „Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen“ als der zentralen Institution der Rationalisierung im Deutschen Reich bei.37

3. Der Wiederaufbau in Frankreich: Rationalisierung als Mittel des Krisenmanagements

Wie in Deutschland, so kam auch in Frankreich dem Krieg die Funktion eines Katalysators zu. Nach Kriegsende war den massiven Zerstörungen sowie der Mangelsituation der französischen Bauwirtschaft nur durch Rationalisierung und gesteigerte Effizienz beizukommen. Ganze Stadtviertel, ganze Städte oder Dörfer im Norden und Osten Frankreichs waren zerstört, ja regelrecht verwüstet.38 Als wüst waren folglich auch die wirtschaftliche Situation dieser Gebiete und das hiervon tief erschütterte Wirtschaftsgefüge des gesamten Landes zu bezeichnen. Vor seinem Abzug aus den eroberten Départements hatte der Feind den industriellen Produktionsapparat durch gezielte Zerstörung flächendeckend lahmgelegt: Überflutete Gruben machten die Kohleförderung unmöglich, zerstörte Produktionsstätten der vormals wichtigen Textil- und Metallindustrie entzogen den Landstrichen ihre Lebensgrundlage. Der lange Stellungskrieg hatte den Boden unfruchtbar gemacht; vielen Gebieten war somit selbst der landwirtschaftliche Ertrag genommen. Nach dieser Politik der „verbrannten Erde“ war also die Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung nicht nur mit der Instandsetzung alter Strukturen verknüpft; vielmehr kam sie einer Wiedereroberung und Neubesiedelung weiter Gebiete gleich.

Die Wiederherstellung der wichtigen französischen Wirtschaftsregionen wurde zu einem zentralen Staatsziel und erforderte eine zeitgleiche Umsetzung verschiedener Maßnahmen: Wiedererrichtung von Dörfern und Städten als Bedingung für die Rückkehr der vertriebenen Bevölkerung, rasche Wiederbelebung des Produktionsapparats sowie Schaffung eines funktionierenden Arbeitsmarkts und eines ausreichenden, den veränderten Anforderungen genügenden Wohnungsangebots. Diese Schwierigkeiten waren Bestandteile eines nationalen Wohnungsproblems in den ersten Nachkriegsjahren, das im Brennpunkt der politischen Diskussion stand. In einigen Städten war der Wohnungsmarkt durch Bevölkerungszuströme überlastet. Dies war eine Folge der Demobilisierung, aber auch der durch den Krieg veränderten Produktionsstruktur: So hatte zum Beispiel in Caen die Entwicklung der Metallindustrie zwischen 1911 und 1921 einen Bevölkerungszuwachs von 21 Prozent zur Folge gehabt.39 Geballt findet sich dieses Phänomen in der Pariser Peripherie, wo sich zahlreiche Waffenindustrien angesiedelt hatten und der Krieg somit zu einer „Quantitätskrise“ auf dem Wohnungsmarkt geführt hatte.40

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Dem immensen Wohnungsbedarf stand 1918 ein Stillstand der Bauwirtschaft gegenüber. Allgemeine Rohstoffknappheit infolge der Zerstörung der an Steinbrüchen, Holzunternehmen, Glas- und Keramikfabriken und nicht zuletzt Metallindustrien reichen Ost- und Nordgebiete,41 eine zerstörte Transport-infrastruktur, eine durch hohe Preise belastete allgemeine Konjunktur sowie ein quantitativer und qualitativer Mangel an Arbeitskräften behinderten eine dynamische Wiederaufnahme der Bautätigkeit. Eine zusätzliche Schwierigkeit bedeutete ein Gesetz vom 23. April 1919, das den Arbeitstag auf acht Stunden reduzierte.42 Im Kontext dieser eingeschränkten Leistungsfähigkeit wurde die Optimierung des Bauwesens für Frankreich zu einer Überlebensfrage. Die nationale Bedeutung des Wiederaufbaus und die vergleichbaren Grundlagen von Kriegsproduktion und Wiederaufbau – hoher Produktivitätsanspruch bei gleichzeitig reduzierter Leistungsfähigkeit – trugen wesentlich dazu bei, dass in der Kriegswirtschaft entwickelte Rationalisierungsmethoden ihrerseits zu Triebfedern der Wiederaufbauprojekte wurden. In diesem Zusammenhang hat der französische Soziologe Christian Topalov die Kriegswirtschaft als ein „Labor“ bezeichnet, aus dem institutionelle Neugründungen hervorgingen und sich in der Nachkriegszeit bewährten.43

Die ersten Denkanstöße zur Vorbereitung des Wiederaufbaus gingen von Fachkreisen und Interessengruppen aus. Die Frage des Wiederaufbaus beschäftigte bereits im Februar 1915 die sozialreformerische Gesellschaft zur Förderung des Kleinwohnungsbaus „Société des habitations à bon marché“.44 Die große Pariser Ausstellung „La Cité reconstituée“, die 1916 unter der Federführung der AGHTM veranstaltet wurde, einer Fachgesellschaft für Stadttechnik und Volksgesundheit,45 präsentierte neue Rationalisierungsverfahren in der Baustoffherstellung, Grundrissplanung und im Stadtplanentwurf.

Ausstellungsbegleitende Vorträge und Debatten lassen die besondere Rolle von Ingenieuren, Architekten und Städtebauspezialisten in der Vorbereitung des Wiederaufbaus hervortreten. Drei Namen sind hierbei besonders zu nennen: Donnat-Alfred Agache, Jean-Marcel Auburtin und Léon Jaussely waren Architekten, die vor dem Krieg an den städtebaulichen Arbeiten des sozialreformerischen Forums „Musée Social“46 teilgenommen hatten. Alle drei traten als Gründungsmitglieder der ersten französischen Fachgesellschaft zur Stadtplanung hervor, der „Société française des architectes-urbanistes“. Im Rahmen dieser Gesellschaft erarbeiteten Agache und Aubertin gemeinsam Richtlinien für den Nachkriegswiederaufbau – Richtlinien, die wiederum Grundlage für eines der ersten systematischen Städtebau-Fachbücher waren, das sie dem Wiederaufbau widmeten.47 Auburtin verfasste zudem Ende 1915 als Mitglied einer zur Erforschung von Standardisierung in der Materialherstellung eben gegründeten Kommission der Architektenfachgesellschaft SADG48 einen Bericht über neue Materialien zum Wiederaufbau.49 Der Impuls zu derartigen Forschungsaktivitäten kam von einem politisch engagierten Einzelakteur. M. Revault, Abgeordneter des Département Meuse und Vorsitzender des Vereins der Flüchtlinge aus diesem Gebiet, hatte als Interessenvertreter seiner Landsleute im November 1915 der SADG einen Bericht mit Lösungsvorschlägen für den Wiederaufbau vorgelegt: Produktionsschwierigkeiten der Nachkriegszeit voraussehend, regte er Rationalisierungsmaßnahmen an, zu denen die Typisierung von Bauentwürfen und die Beschaffung von Ersatzmaterialien gehörten.50

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Revaults Arbeiten sowie die Studien der beauftragten Architekten der SADG waren zunächst Privatinitiativen; diese Zusammenarbeit gab den Anstoß zur Organisation des Wiederaufbaus unter staatlicher Federführung. Auf Anregung der SADG wurde im Mai 1916 ein Interministerieller Beirat gegründet, aus dem später das Ministerium der befreiten Gebiete hervorging, „Ministère des régions libérées“.51 Den Vorsitz führte als Leitfigur der französischen Sozialreform Léon Bourgeois, der im November 1917 Arbeitsminister wurde. Die Besetzung des staatlichen Beirats mit unterschiedlichen Fachleuten entsprach der Konzeption der „Gemeinschaftsarbeit“, wie sie der Kriegswirtschaft mit ihren staatlichen Eingriffen in das Kräftespiel des freien Marktes zugrundelag. Zugleich aber zielte diese Gruppierung von Spezialisten unter staatlicher Federführung auf „Koordinierung“, d.h. auf eine Verteilung der Kompetenzen, wie es der tayloristischen Vorstellung von Arbeitsorganisation entsprach. Der neu geschaffene Beirat war direkter Vorläufer der Nachkriegsinstitutionen und Vorreiter einer in Entwicklung begriffenen „Expertenkultur“. Dieser Begriff benennt die „Dreieckskonstellation Staat, Gesellschaft bzw. Wirtschaft und Wissenschaft“52 und betont hierbei die strategische Mittlerrolle jener Akteure, die im Besitz spezifischen Wissens sind.

Noch zu Kriegszeiten, bereits im Hinblick auf die Nachkriegssituation, erarbeitete der Beirat verschiedene Rationalisierungsmethoden in direkter Kontinuität der Kriegsproduktion. Rohstoffersatz zur Bekämpfung des Rohstoffmangels wurde übernommen, und man untersuchte die Verwendungsmöglichkeit neuer Materialien und Fertigungstechniken wie etwa den Einsatz vorgefertigter Zementplatten. Der aus Kriegszeiten bekannte Arbeitskräftemangel, der eine Heranziehung ungelernter oder angelernter Arbeiter nötig machte, regte die Entwicklung neuer Bauverfahren an: Zur Vereinfachung der Arbeiten wurden standardisierte Bauelemente konzipiert. Der Architekt Auburtin führte den Begriff des „Baukastens“ ein, um die Vorteile eines kinderleicht zu handhabenden Systems zu preisen, in dem eine kleine Zahl standardisierter Elemente unendliche Bauvariationen ermöglichte.53

Neben solchen staatlich gesteuerten Vorarbeiten sollen Forschungsaktivitäten der Industrie, vor allem der Schwerindustrie, nicht unerwähnt bleiben, die dem späteren Wohnungsbau zugutekamen. Die straffe Organisationsstruktur dieser Branche war dem Rationalisierungsprozess ohnehin förderlich,54 doch spielte der Krieg mit seiner Bündelung aller zur Verfügung stehenden Kräfte die entscheidende Katalysatorrolle. Die zentrale Bedeutung der Metallproduktion und -verarbeitung in der Kriegswirtschaft erforderte eine strikte Rationalisierung betrieblicher Organisation.55 Die Umsiedlung von Industriestätten aus kriegsbesetzten Gebieten machte die Unterbringung der Arbeiter zu einer zentralen Frage der Produktion.56 1917/18 trieb die von der Schwerindustrie gegründete „Kommission der Arbeiterwohnung“ Studien zur Wohnungsfrage voran.57 Darüber hinaus wurde nach dem Krieg unter der Initiative des Interessenverbandes der Schwerindustrie, dem „Comité des forges“, eine GmbH als Zentralstelle der Materialbeschaffung gegründet.58 Der im Kontor zentralisierte Einkauf von Werkzeugen, Baustoffen und Bauelementen ermöglichte reduzierte Materialpreise, stabilere Baupreise und kürzere Lieferzeiten. Als logische Konsequenz einer zentralisierten Beschaffung von Bauelementen trieb diese Organisation deren Serienproduktion voran.

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Ähnliche Modernisierungstendenzen finden sich auch bei Betrieben der Eisenbahn Nord, die eng mit dem Namen Raoul Dautrys verbunden sind. Aufgrund der enormen Bedeutung der Eisenbahnbranche im Krieg war diese ein Brennpunkt von Rationalisierungsmethoden, die direkten Einfluss auf die Bauproduktion der Nachkriegszeit erhielten. Bei diesem Transfer von Verfahren spielte Dautry eine führende Rolle. Der aus der Ecole Polytechnique stammende Ingenieur war bereits seit neun Jahren bei der Eisenbahngesellschaft Nord angestellt, als er 1912 die Leitung des „Atelier de la Voie d’Ermont“ (Abteilung für Streckenbau) übernahm. Inspiriert von einer Amerikareise im selben Jahr war er von der Notwendigkeit überzeugt, dass die Leistungsfähigkeit des französischen Eisenbahnnetzes erhöht werden müsse.59 In seiner neuen Abteilung verband er Reparatur, Herstellung von Elementen und Erforschung neuer Baustoffverfahren. Er sah den Arbeiter als wichtigen Teil der Produktionskette, den es, um die Effizienz seiner Tätigkeit zu erhöhen, zunächst für die Idee der Serienproduktion zu gewinnen galt. Angesichts der bei den Arbeitern geringen Akzeptanz der Mechanisierung war das ein schwieriges Unterfangen.60

Diese vor dem Krieg gesammelten Erfahrungen zur Optimierung der Betriebsorganisation konnte Dautry während des Krieges einbringen, als im Frühling 1918 eine schnelle Errichtung neuer kriegswichtiger Bahnstrecken gefordert war. Die reibungslose Realisierung mehrerer hundert Kilometer gelang ihm unter anderem aufgrund seiner rationellen Baustellen-Bewirtschaftung. Er organisierte speziell ausgerüstete Züge, die Arbeiter, Werkzeug und Material dorthin beförderten, wo Strecken des Bahnnetzes repariert oder neu erstellt werden mussten.61

Nach dem Krieg wurde Dautry die Realisierung von Wohnsiedlungen für die Arbeiter des Betriebes anvertraut. Höchste Priorität hatte es wiederum, die Transportkosten für Material und Arbeitskräfte zu reduzieren. So wählte Dautry für die Errichtung der Wohnsiedlungen an Bahnstrecken gelegene Standorte, um eine schnelle Versorgung mit allen erforderlichen Baustoffen und Bauelementen zu garantieren. Wo eine direkte Nachbarschaft zu Bahnanlagen nicht gegeben war, griff er zu dem „mobilen Schienen-System“ (System „Decauville“), das bereits an der Front Verwendung gefunden hatte.62 Werkstätten und Arbeiterunterkünfte ließ er direkt auf den Baustellen errichten. Wo klassische Materialien fehlten, wurden Ersatzrohstoffe entwickelt und eingesetzt: So wurde beispielsweise die Herstellung von Fassadenelementen aus Kohleschlacke angeregt, einem bei der Befeuerung von Lokomotiven entstehenden Abfall.63 Die gesteigerte Leistungsfähigkeit ging zwangsläufig mit erhöhten logistischen Anforderungen einher, denen Dautry mit verstärkter Spezialisierung auf einzelne Funktionen im Baubereich begegnete. Dadurch trat die technische Kompetenz von Ingenieuren in den Vordergrund, während Architekten lediglich mit der ästhetischen Ausgestaltung der Siedlungen beschäftigt waren.64

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Die Gemeinsamkeiten zwischen der Siedlung, die der Architekt Jean-Marcel Auburtin 1919 für den Unternehmer Charbonneaux am Rand von Reims entwarf, und der Mustersiedlung von Tergnier, die Dautry für die Nordeisenbahn plante, sind in der Literatur bereits unterstrichen worden.65 Beide Siedlungen wurden mit einer geringen Zahl von Häusertypen konzipiert; Variation wurde ausschließlich mittels Fassadendekor erreicht.66 Die Typisierung basierte unter anderem auf der Verwendung normierter Faserzementplatten.67 Welche Rationalisierungsideen in den Arbeitsabläufen primär Auburtin oder Dautry zuzuschreiben sind, erscheint zweitrangig – zentral ist, dass beide aus dem Erfahrungspool des Krieges schöpften.

Hatte die Industrie im Rationalisierungsprozess der Bauwirtschaft eine Vorreiterrolle, so standen auch die Wiederaufbauprojekte unter Aufsicht des Staates im Zeichen dieser Experimente. 1920 wurden zwei Beiräte unter staatlicher Federführung gegründet, die durch Untersuchung verschiedener Rationalisierungsverfahren zur Lösung der „Wohnungskrise“ beitragen sollten.68 Einer dieser Beiräte wurde vom Ministerium für Volksgesundheit und soziale Fürsorge mit der Aufgabe betraut, neue Verfahren zur Reduzierung der Baukosten zu entwickeln. In seinem Abschlussbericht verwies der Bauunternehmer Despagnat auf die Bauprojekte der Schwerindustrie bzw. betonte den Mustercharakter der in diesem Rahmen gegründeten Zentralstelle für den Wohnungsbau.

Der zweite, ebenfalls vom Ministerium für Volksgesundheit und soziale Fürsorge initiierte Beirat wurde geleitet von Louis Loucheur. Der aus der Ecole Polytechnique stammende Ingenieur war 1917 Nachfolger von Albert Thomas an der Spitze des Waffenministeriums geworden. Als Vertreter einer „neo-liberalistischen Variante des Taylorismus“69 engagierte er sich nach 1918 für eine Überführung der Kriegsindustrie in eine Verbraucherindustrie. Diesen Schritt sollte ein Bauprogramm gewährleisten, das die Errichtung von 500.000 Wohnungen bzw. die Projektierung von 50.000 Wohnungen pro Jahr vorsah.70 Die Erfüllung eines solchen Programms erforderte die Beibehaltung einer stark zentralisierten Organisationsstruktur. Man betonte die nationale Dimension des Wiederaufbaus, um die staatliche Kontrolle des freien Markts zu rechtfertigen – eine Intervention, die in direkter Kontinuität zum staatlichen Eingriff in die Kriegswirtschaft stand. Zur Organisation des Großvorhabens gründete man, ähnlich wie beim Bau von Arbeitersiedlungen der Schwerindustrie, auch eine Zentralstelle zur Beschaffung von Baustoffen und Gruppierung von Bestellungen.71 Wiederum wurden zudem Fachkräfte aus unterschiedlichen Bereichen mobilisiert. Jeder Einzelne brachte seine Spezialkompetenz mit dem gemeinsamen Ziel ein, den Wiederaufbau als Voraussetzung der nationalen Selbsterhaltung voranzutreiben. Schlüsselfiguren der Wohnreform, Politiker, aber auch Vertreter der Gewerkschaften saßen neben Industriellen wie Louis Renault, der in seinem Unternehmen schon vor dem Krieg tayloristische Organisationsmaßnahmen eingeführt hatte. Das Prinzip „Leistungsfähigkeit“ hatte Dautry zu einer vergleichbaren Spezialisierung innerhalb der Planungsfunktionen für Arbeiterwohnsiedlungen veranlasst – Aufgabentrennung zwischen Architekten und Ingenieuren. Dieses Prinzip findet sich in den Planungen Henri Selliers für die Errichtung von Wohnsiedlungen an der Pariser Peripherie wieder.72

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Sellier, der als „Conseiller général de la Seine“ 1910 seine Laufbahn als sozialistischer Lokalpolitiker begann,73 war sich bereits vor dem Krieg des akuten Wohnungsproblems bewusst. In dem 1912 verabschiedeten Gesetz Bonnevay sah er die Möglichkeit, dieses Problem zu lösen und zugleich das Pariser Umland stadtplanerisch zu ordnen. Das Gesetz regelte die Gründung öffentlicher Ämter zur Errichtung von Kleinwohnungen, „Offices Publics d’Habitations à bon marché“. In der Debatte um die Intervention der Gemeinden im Wohnungsbau versprach es eine Kompromisslösung. Der Einfluss der Gemeinden wurde auf ein Minimum beschränkt; zugleich aber wurde mit der Gründung dieser Ämter die Einflussnahme der öffentlichen Macht auf den Wohnungsbau zementiert. Sellier regte ab 1913 ein vergleichbares Amt für das Département Seine an.74 Die Bemühungen führten im Juli 1915 zum Erfolg: Das neugegründete „Office public départemental des habitations à bon marché du département de la Seine“ hatte die raumplanerische Neugestaltung bzw. die rationale Strukturierung der Pariser Region mittels Errichtung von Gartenstädten zum Ziel.75 Konkretisiert werden konnten die Bauprojekte indes erst nach dem Krieg.

 

Rationale Gliederung des Départements Seine durch gleichmäßige Verteilung von Gartenstädten.
(aus: Réalisations de l’Office Public d’habitations du Département de la Seine 1933, Edari, Strasbourg 1933, S. 15)

Der Neuordnung des Départements lag eine „standardisierte“ Architekturkonzeption zugrunde. Sellier erkannte in der Gartenstadtidee vor allem einen Organisationstypus. Seinem Office public oblag die Aufgabe, Siedlungstypen zu entwerfen. Hierfür wurden zwei spezialisierte Einrichtungen gegründet: Eine technische Kommission erforschte Standardisierungsverfahren im Bauwesen. Ihre Forschungen flossen in die Arbeit eines zentralen Büros ein, dessen Architekten mit der Aufgabe betraut wurden, Formeln zu erarbeiten, die den Siedlungsprojekten einen einheitlichen Charakter verleihen sollten.76

 

Ein Beispiel für standardisierte Architektur: der „Wolkenkratzer“ (11 Geschosse) in der Gartenstadt von Chatenay-Malabry. Als monumentaler Torbau repräsentiert er die im Laufe der 1920er-Jahre zunehmende Präferenz für den Geschosswohnungsbau. Nach zwei Entwurfsphasen (1922 und 1928–1930) begann der Bau 1931. Architekten: Bassompière, De Rutte, Sirvin.
(aus: Réalisations de l’Office Public d’habitations du Département de la Seine 1933, Edari, Strasbourg 1933, S. 33)

Die im Pariser Raum gegründeten öffentlichen Institutionen für den Kleinwohnungsbau entfalteten jedoch keine den entsprechenden deutschen Behörden vergleichbare Wirksamkeit. Vielmehr blieb die französische Rationalisierungsbewegung auch in den 1920er-Jahren deutlich stärker von den Initiativen der privaten Industrie bestimmt.

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4. Der Aufstieg des Rationalisierungsgedankens zum hegemonialen Leitbild und sein Scheitern in der Weltwirtschaftskrise (1924–1933)

Der Strukturwandel der deutschen Bauwirtschaft und die lebhaften Debatten in deutschen Fachkreisen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rationalisierung im Bauwesen in den ersten Nachkriegsjahren hinter der Entwicklung in der Großindustrie zurückblieb. Die Gründung des „Reichskuratoriums für Wirtschaftlichkeit“ 1921 und die Einrichtung des „Reichsausschusses für Arbeitszeitermittlung“ 1924 setzten allerdings wichtige Rahmenbedingungen für die Folgezeit.77 Nach der Währungsstabilisierung 1924 kam es dann auch im Wohnungs- und Städtebau zu einer regelrechten „Rationalisierungseuphorie“, so dass der Frankfurter Baustadtrat Ernst May 1927 bei einer Vortragsreihe des Reichskuratoriums für Wirtschaftlichkeit von „rund einem Dutzend“ allein auf dem Gebiet des Bauwesens arbeitenden Stellen berichtete.78

Im Reichskuratorium und dem Deutschen Normenausschuss kamen auch die Protagonisten der Diskussion um das Bauwesen zusammen. So verwies zum Beispiel Walter Gropius im Herbst 1926 bei der 9. Jahresversammlung des Deutschen Normenausschusses darauf, dass der zuständige Unterausschuss „bereits zahlreiche Bauteile durchgenormt“ habe, und kündigte das „fix und fertig eingerichtete Wohnhaus vom Lager“ an.79 Bis Anfang der 1930er-Jahre soll der Unterausschuss etwa 100 Baunormen verabschiedet haben.80 Gropius betrieb auch einen erheblichen argumentativen Aufwand, um das in der Öffentlichkeit kursierende „Märchen von der Vergewaltigung des Individuums durch Typisierung und Normung“ zu widerlegen. Gerade die Vereinheitlichung der Bauelemente gebe Wohnhäusern und Städten „wieder gemeinsamen Charakter“. Zu typisieren seien nur die Bauteile, „die aus ihnen zusammengesetzten Baukörper“ hingegen „nach individuellem Wunsch [zu] variieren“.81

1927 wurde zudem die „Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen“ (RFG) gegründet, die in der Folgezeit verschiedene Pilotprojekte durchführte – zum Beispiel unter Mitwirkung Martin Wagners die „Reichsforschungssiedlung Haselhorst“ in Berlin-Spandau.82 Weitere Versuchssiedlungen, die die RFG in eigenen Publikationen auswertete, waren die 1929 von Gropius errichtete Siedlung Dammerstock in Karlsruhe sowie die Siedlungen Stuttgart-Weißenhof, Dessau-Törten, Frankfurt-Praunheim und München-Arnulfstraße.

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Beim Bau der Siedlungen wurde das ganze Repertoire der Rationalisierung durchgespielt, von dem hier nur schlaglichtartig wenige Aspekte angesprochen werden können. So wurden in Törten statt der teuren Ziegel Schlackenbetonhohlsteine verwandt, und in Weißenhof wurde das von Gropius errichtete Haus im Montageverfahren mit Betongrundplatten realisiert.83 Besondere Anstrengungen galten der Rationalisierung der „Hauswirtschaft“ und insbesondere der Ausstattung der Küchen. Eine vom Verein deutscher Ingenieure organisierte Ausstellung „Technik im Heim“ zeigte, welche technischen Geräte verfügbar seien, „um der Hausfrau zu helfen, Zeit, Kraft und Geld zu sparen“ (wie etwa Gas- und Elektroherde).84 Auch die RFG widmete der Rationalisierung der Küchen besondere Aufmerksamkeit, bis hin zur peniblen Auflistung von Standard-„Küchengerät für kleinen Haushalt“.85 Auf Ausstellungen präsentierte sie unter anderem eine ganze „Anzahl voll ausgestatteter Küchen mit den dazugehörigen Wohnungsplänen für Klein- und Mittelwohnungen“.86 Selbst die vom Deutschen Normenausschuss erstellten beiden Normblätter über „Deckel und Gummiringe für Einkochgläser“ wurden noch publizistisch herausgestellt.87 Zur didaktischen Veranschaulichung der in breite Erziehungsprogramme zur Hebung der „Wohnkultur“ eingebundenen Kampagnen trug auch Frau Gropius bei. In von ihrem Mann organisierten Publikationen wurde sie in dem gemeinsamen Haus auf einem Doppelsofa im Wohnzimmer und am Schreibtisch fotografiert und zeigte dabei „mit ihrem Sitzen eine ästhetisch-ergonomisch vorbildliche Gebärde“.88

In der Weltwirtschaftskrise wurde die RFG zur zentralen Schaltstelle der Versuche, die Krisenauswirkungen auf den Städte- und Wohnungsbau mit Rationalisierungsstrategien abzufedern. Die von der Reichsforschungsanstalt zusammen mit 40 Fachverbänden im April 1929 an der TH Berlin veranstaltete Tagung „Wohnbauwirtschaft und Wirtschaftlichkeit im Bauen“ führte 1.500 Teilnehmer und ein Spektrum von Experten zusammen, das von dem Bauhaus-Direktor Walter Gropius über Ministeriums- und Verbandsvertreter bis zu Universitätsprofessoren reichte.89

Die in der späten Weimarer Republik dominierende Strategie, den aus steigenden Wohnstandards, Baukosten und Löhnen resultierenden Kostendruck auf die öffentlichen Programme durch intensivierte Rationalisierungsbemühungen zu dämpfen, erlitt in der Weltwirtschaftskrise jedoch gleich doppelt Schiffbruch: Zum einen verfügte Ende 1930 eine Notverordnung Brünings im Zuge der Finanzkrise eine drastische Kürzung der Wohnungsbauförderung.90 Zum anderen waren auf den inländischen Kapitalmärkten die Zinssätze deutlich gestiegen. Damit befand sich die Wohnungsbaufinanzierung in dem gleichen Dilemma wie schon im Krieg, als Industrie und Staat ihren Kapitalbedarf unter Inkaufnahme hoher Zinsen gestillt und dem Wohnungsbau massiv Kapital entzogen hatten.91

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Die zentrale, für die Bannerträger der Rationalisierungsbewegung niederschmetternde Lehre aus der Krise bestand in der Erkenntnis, dass die unter jahrelangen großen Anstrengungen erreichte Steigerung der Produktivität im Baugewerbe von Zinserhöhungen pulverisiert wurde. Als einziger Ausweg blieben drastische Absenkungen der Standards im Wohnungsbau, die allerdings von der kommunistischen Fraktion in der Berliner Stadtverordneten-Versammlung als Absinken auf das Niveau von „Karnickelställen“ denunziert wurden. Selbst der Direktor der Wohnungsfürsorge Berlin, Schallenberger, äußerte Zweifel, ob die 1931 projektierten „Kleinstwohnungen“ von der Kreditwirtschaft überhaupt als kreditwürdige Objekte anerkannt, das heißt finanziert würden.92 Die fieberhaften Überlegungen der Vordenker des Wohnungs- und Bauwesens zur Überwindung der Krise drehten sich daher fortan in erster Linie um Kapitalmarktprobleme.

In Frankreich hatten die Wiederaufbauprogramme der Nachkriegsjahre keine größeren Erfolge erzielt. Die verschiedenen Rationalisierungsvorschläge – Standardisierung der Grundrisse, Serienproduktion der Bauelemente – wurden ausschließlich im Rahmen von Pilotprojekten umgesetzt. Zu diesen zählten etwa die bereits erwähnten Werkssiedlungen der Nordbahngesellschaft, im Rahmen des Wiederaufbaus im Norden und im Osten Frankreichs durch den Verein „La Renaissance des Cités“ geförderte Mustersiedlungen sowie das von Henri Sellier konzipierte Bauprogramm der Zwischenkriegszeit. Die von staatlichen Behörden propagierten Normen zur Rationalisierung des Bauprozesses hatten keine allgemeine Verbindlichkeit. So ignorierte Raoul Dautry, dessen Siedlungsplanungen sich nach einem autonomen Normensystem richteten, den Normenkatalog, der auf Départementebene vom Ministerium für die befreiten Gebiete („Ministère des régions libérées“) empfohlen wurde.93

Erst 1928 fanden die vom so genannten Loucheur-Beirat angeregten Maßnahmen zur Rationalisierung des Wiederaufbaus einen konkreten Niederschlag. Im Rahmen des Gesetzes, das von Loucheur in seiner damaligen Funktion als Minister für Arbeit und soziale Fürsorge initiiert wurde und das die finanzielle Unterstützung des Staates im Wohnungsbau regelte, wurden Anweisungen zur Standardisierung von Bauelementen, zur systematischen Verwendung des Baustoffs Beton, zum Serienbau und zur Aufstellung von standardisierten Grundrissen erlassen. Zwar wurde das vorgesehene Programm – der Bau von 260.000 staatlich geförderten Wohnungen – durch die wirtschaftliche Krise behindert und nur in begrenztem Maße umgesetzt. Dennoch wurde dieses Programm zum Kristallisationspunkt der Rationalisierungsideen der Wiederaufbau-Pioniere und dadurch zum Markstein einer technisierten Stadtreform. Bezeichnenderweise war bei der Erarbeitung dieses Gesetzes erneut Raoul Dautry beteiligt, der ehemalige Ingenieur der Eisenbahngesellschaft Nord. Wiederum in einem Krisenkontext erlassen, zielte das Gesetz auf eine Modernisierung der Bauwirtschaft, die in den Augen der Wohnreformer in den ersten Nachkriegsjahren gescheitert war.

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Henri Sellier kritisierte bei einem Rückblick 1929: „Die Modernisierungsversuche der Bautechnik stießen auf eine Opposition, oder eine Trägheit, die genauso extrem auf der Seite der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer war.“94 Er beklagte auch die schlechten Erfahrungen mit Ersatzmaterialien – die Faserplatten hätten die Erwartungen nicht erfüllt, und in den zerstörten Gebieten seien die Tiere in den aus Beton und Zement neu errichteten Bauernhäusern gestorben.95 Das Inkrafttreten des Loucheur-Gesetzes wurde daher auch als Gelegenheit verstanden, die verpasste Modernisierung der Bauwirtschaft voranzutreiben. Dies zielte im Kern auf eine systematische Einführung von Maschinen und eine tayloristische Organisation der Arbeit. Man erhoffte sich von dem Gesetz eine ähnliche Wirkung wie von der Tätigkeit des deutschen Normenausschusses für Industrie nach dem Ersten Weltkrieg, also vor allem eine systematischere Normenanwendung im Baubereich. Was Sellier in Anlehnung an die amerikanischen Erfahrungen als „the engineering solution of the housing problem“ bezeichnete, bedeutete vor allem ein gewandeltes Grundverständnis: Bauen war nicht mehr Kunst, sondern Industrie96 – eine Vorstellung, die der sozialistische Politiker Loucheur mit dem Ingenieur Dautry teilte.

5. Fordismus, Sozialreform und die „Zauberformel Rationalisierung“ – Varianten eines Konzepts im Aufbruch zur globalen Verbreitung

Die Rationalisierung im Wohnungsbau zwischen Erstem Weltkrieg und Weltwirtschaftskrise verlief, wie hier am deutschen und französischen Beispiel gezeigt wurde, in zweierlei Hinsicht anders, als das Schlagwort des „Fordismus“ es suggeriert. Zum einen wirkten die Ideen von Ford, Taylor und Gilbreth als Katalysatoren, die die Weiterentwicklung der von den europäischen Wohnungsreformbewegungen schon lange vor 1914 entwickelten Konzepte und Prototypen zur Typisierung im Hausbau zwar stimulierten. Besonders im Ersten Weltkrieg als dem großen Akzelerator des Rationalisierungsgedankens bestimmten jedoch eher endogene Triebkräfte als amerikanische Konzepte die Entwicklung – vor allem der Druck zur Ökonomisierung der Kriegsproduktion und zur Prävention gegen die aufziehende sozialrevolutionäre Krise. Zum anderen handelte es sich im Kontrast zum privatkapitalistischen Modell Fords um einen Prozess, der wesentlich von der Wohnungsreformbewegung und (vor allem in Deutschland) von sozialpolitisch motivierten staatlichen Interventionen bestimmt war: Die öffentlichen Wohnungsbauprogramme und Modell-vorhaben und deren Umsetzung durch die Kommunen gaben, jedenfalls im Deutschen Reich, Richtung und Rhythmus der Typisierung und Rationalisierung vor. In Frankreich versuchte der Staat ebenfalls, die Rationalisierung des Bauwesens zu gestalten oder zumindest zu koordinieren. Hier blieben jedoch die privatwirtschaftlichen Initiativen dominant – einer der Gründe, warum die Normierung des Bauwesens noch fragmentarischer blieb als in Deutschland.

Trotz der begrenzten Rationalisierungspraxis wurde der Rationalisierungsgedanke zwischen 1914 und 1933 zum hegemonialen Leitbild im deutschen und französischen Wohnungsbau. Den entscheidenden Durchbruch brachten bereits die Kriegserfahrungen in beiden Ländern, unter deren Einfluss Sozialreformer, Industrie und Staat eine intensive Zusammenarbeit begannen. Nach 1918 gab es in beiden Ländern sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten. Ähnliche gesellschaftliche Herausforderungen waren Baustoff- und Wohnungsmangel, politische Instabilität und sowie die Wirtschaftskrisen der Jahre 1918–1924 und 1929–1932. In Frankreich bestimmten der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete, ein latenter Arbeitskräftemangel und eine in mehrfacher Hinsicht „nachholende“ Industrialisierung die Entwicklung. In Deutschland hingegen brachte eine (post)revolutionäre Situation sowohl „sozialistische“ Baubetriebe hervor als auch eine weitreichende sozialpolitisch motivierte Wohnungsbauförderung, die nicht nur in der Inflation und der Weltwirtschaftskrise von einem gravierenden Kapitalmangel belastet war. Zu den Gemeinsamkeiten beider Staaten zählt wiederum, dass diese Nachkriegserfordernisse in der Sicht der Zeitgenossen den Bestand der Nation zu bedrohen schienen, so dass die Rationalisierung zur „gesellschaftstechnischen“ Utopie und zur „Zauberformel“ gegen die Krise wurde.

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Erst im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts konnte das Leitbild der Rationalisierung seine enorme Wirkungsmacht voll entfalten. So leisteten die präzedenzlosen Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs in beiden Teilen Deutschlands und auch in Frankreich einem hochgradig industrialisierten Wohnungsbau Vorschub.97 Daraus entstand eine weitere Rationalisierungswelle, die über den Wohnungsbau hinausweisend neue, großdimensionierte „rationale“ Stadtkonzeptionen hervorbrachte. Erst so konnte zum Beispiel Le Corbusier seine städtebaulichen Utopien weiterentwickeln und teilweise verwirklichen, die weder an die territorialen Grenzen Europas noch an vorangegangene Kriegszerstörungen gebunden blieben.

Anmerkungen: 

1 Wir danken Adelheid von Saldern und Rüdiger Hachtmann für ihre Hinweise zu früheren Fassungen dieses Textes. Vgl. als neuere Auseinandersetzung mit dem „Fordismus“-Konzept in Bezug auf Stadt- und Wohnungspolitik Hartmut Häußermann/Dieter Läpple/Walter Siebel, Stadtpolitik, Frankfurt a.M. 2008, insbes. S. 135ff.

2 Carola Sachse, Siemens, der Nationalsozialismus und die moderne Familie, Hamburg 1990, S. 28.

3 Vgl. zum Zusammenhang von Fordismus und Städtebau: Regina Bittner (Red.), Zukunft aus Amerika. Fordismus in der Zwischenkriegszeit. Siedlung, Stadt, Raum, Dessau 1995.

4 Vgl. Klaus Ronneburger, Biomacht und Hygiene. Normalisierung im fordistischen Wohnungsbau, in: Walter Prigge (Hg.), Ernst Neufert. Normierte Baukultur im 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1999, S. 432-465, hier S. 438.

5 Otto Neurath, Die Utopie als gesellschaftstechnische Konstruktion [1919], in: ders., Wissenschaftliche Weltauffassung, Sozialismus und Logischer Empirismus, hg. von Rainer Hegselmann, Frankfurt a.M. 1979, S. 235-241, hier S. 236.

6 Siehe Klaus Jan Philipp, Normierung „avant la lettre“. Eine Blütenlese, in: Prigge, Ernst Neufert (Anm. 4), S. 296-312, hier S. 303ff.

7 Vgl. auch Martin Wagner, Neue Bauwirtschaft. Ein Beitrag zur Verbilligung der Baukosten im Wohnungsbau, Berlin 1918, S. 14f.

8 „Die Kalkschläger sind den Mörtelwerken gewichen […], die verschiedenartigen Materialaufzüge, durch Motoren mittels Elektrizität, Benzin, Dampf u.s.w. angetrieben, sorgen dafür, daß auch die Steinträger nach und nach vom Bauplatz verschwinden“, heißt es in der Broschüre Pferd und Maschine im Baugewerbe des Autors Hermann Julius Müller von der Neiße, Berlin 1913, S. 1.

9 Die einschlägige Debatte um den „Niedergang des Mittelstands“ im Kaiserreich ist z.B. dokumentiert bei Friedrich Lenger, Sozialgeschichte der deutschen Handwerker seit 1800, Frankfurt a.M. 1988.

10 Vgl. Sigurd Fleckner, Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen 1927–1931. Entwicklung und Scheitern, Diss. RWTH Aachen 1993, S. 23.

11 1909 schickte Gropius ein Programm zur Industrialisierung des Hausbaus an den Präsidenten der AEG, Emil Rathenau. Vgl. Sigfried Giedion, Walter Gropius. Mensch und Werk, Stuttgart 1954, S. 74. Vgl. auch ebd., S. 26, S. 93ff.

12 Vgl. Klaus Homann/Martin Kieren/Ludovica Scarpa (Hg.), Martin Wagner 1885–1957. Wohnungsbau und Weltstadtplanung. Die Rationalisierung des Glücks, Berlin 1985.

13 Diese Konstellation unterstreicht nicht nur die herausragende Bedeutung des Bauwesens in der Geburtsstunde der wissenschaftlichen Betriebsführung, sondern widerlegt auch die zuweilen anzutreffende These vom Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Taylor und Gilbreth. Vgl. Gerd Kuhn, Die Spur der Steine. Norm-Ziegel, Oktametersystem und „Maßstab Mensch“, in: Prigge, Ernst Neufert (Anm. 4), S. 335-357, hier S. 341.

14 Siehe Christian Moley, L’architecture du logement. Culture et logiques d’une norme héritée, Paris 1998, S. 77-93, S. 271-299.

15 Vgl. die Publikationen von Nationalökonomen, Ingenieuren und Architekten wie z.B. Emmy Reich, Das Groß-Berliner Baugewerbe, Berlin 1918, S. 30ff.; Peter Behrens, Vom sparsamen Bauen, Berlin 1918; Wagner, Neue Bauwirtschaft (Anm. 7).

16 Bei den Maßen des kleinsten Haustyps ging man von „den geringsten Abmessungen der größten Möbel“ aus, nämlich der Ehebetten, und errechnete so eine minimale Hausbreite von 7 m. Vgl. Bernhard Dernburg/Erich Leyser, Heime für kinderreiche Familien, Berlin 1916, S. 21.

17 Erich Leyser, Die Typisierung im Bauwesen, Dresden 1918, S. 19ff.

18 Dazu sowie zu den vorbereitenden Aktivitäten des Verein Deutscher Ingenieure vgl. ebd., S. 25.

19 Vgl. Wolfgang Voigt, Vitruv der Moderne: Ernst Neufert, in: Prigge, Ernst Neufert (Anm. 4), S. 20-34, hier S. 25, sowie den Bericht über die Gründung des Unterausschusses für Baunormen von Behrendt in: Deutsche Werkbund Mitteilungen Nr. 3/1918.

20 Vgl. die Notiz „Normenannahme der deutschen Industrie“, in: Bauwelt, 21.11.1918, zit. nach Leyser, Typisierung (Anm. 17), S. 32.

21 Erich Leyser, Groß-Berliner Wohnungspolitik im Kriege, in: Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen (Hg.), Großstadt und Kleinhaus, Berlin 1917, S. 33-56, hier S. 48.

22 Vgl. Walter Gropius, Normung und Wohnungsnot, in: Technik und Wirtschaft 20 (1927) H. 1, S. 7.

23 Vgl. Wagner, Neue Bauwirtschaft (Anm. 7).

24 Vgl. Klaus Homann, Biographie, Werkverzeichnis, Bibliographie, in: ders./Kieren/Scarpa, Martin Wagner (Anm. 12), S. 157-187, hier S. 164.

25 Vgl. ebd. sowie Kuhn, Spur der Steine (Anm. 13), S. 338.

26 Vgl. Homann, Biographie (Anm. 24), S. 164.

27 Vgl. Arno Klönne u.a. (Hg.), Hand in Hand. Bauarbeit und Gewerkschaften. Eine Sozialgeschichte, Frankfurt a.M. 1989, S. 124.

28 Vgl. Homann, Biographie (Anm. 24), S. 166.

29 Vgl. Karl (sic!) Friedrich von Siemens, Die Bedeutung der Wohnungsfrage für die Industrie, in: Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen, Großstadt (Anm. 21), S. 3-12, hier S. 4.

30 Sachse, Siemens (Anm. 2), S. 33.

31 Zit. nach Siemens, Bedeutung (Anm. 29), S. 5.

32 Damit waren z.B. Krankenkassen gemeint. Vgl. ebd., S. 9f.

33 Leyser, Groß-Berliner Wohnungspolitik (Anm. 21), S. 40.

34 Zitate nach Sachse, Siemens (Anm. 2), S. 156f.: „Die Funktionszuweisung der Räume zielte darauf ab, das außerbetriebliche Leben ähnlich wie das Betriebsgeschehen funktional und räumlich zu ‚gliedern’.“ Zur eigensinnigen Aneignung der Frankfurter Siedlung Römerstadt durch ihre Bewohner vgl. Heike Lauer, „Die neue Baukunst als Erzieher“? Eine empirische Untersuchung der Siedlung Römerstadt in Frankfurt am Main, in: Wolfgang Hofmann/Gerd Kuhn (Hg.), Wohnungspolitik und Städtebau 1900–1930, Berlin 1993, S. 265-284.

35 Vgl. Adelheid von Saldern, Gesellschaft und Lebensgestaltung. Sozialkulturelle Streiflichter, in: Gert Kähler (Hg.), Geschichte des Wohnens, Bd. 4: 1918-1945. Reform, Reaktion, Zerstörung, Stuttgart 1996, S. 45-182, hier S. 87.

36 Vgl. Christoph Bernhardt, Vom Terrainhandel zur Weimarer Städtebaukoalition, in: Heinz Reif (Hg.), Berliner Villenleben, Berlin 2008, S. 71-92.

37 Vgl. Fleckner, Reichsforschungsgesellschaft (Anm. 10), S. 102-108.

38 Für eine Bilanz der materiellen Zerstörungen im Ersten Weltkrieg in Frankreich siehe Maurice Agulhon (Hg.), Histoire de la France urbaine, Bd. 4: La ville de l’âge industriel. Le cycle haussmannien, Paris 1983, S. 136.

39 André Bruggeman/Henri Sellier, Le problème du logement. Son influence sur les conditions de l’habitation et l’aménagement des villes, Paris 1927, S. 5.

40 Susanna Magri, Housing, in: Jay Winter/Jean-Louis Robert (Hg.), Capital Cities at War. Paris, London, Berlin 1914–1919, Cambridge 1997, S. 374-418, hier S. 400.

41 Jean-Marcel Auburtin/Henri Blanchard, La cité de demain dans les régions dévastées, Paris 1917, S. 153.

42 Gérard Noiriel, Les ouvriers dans la société française, XIXe – XXe siècle, Paris 1986, S. 125.

43 Susanna Magri/Christian Topalov, „Reconstruire“: l’habitat populaire au lendemain de la première guerre mondiale. Etude comparative France, Grande-Bretagne, Italie, Etats-Unis, in: Archives européennes de sociologie 29 (1988), S. 319-370, hier S. 321.

44 Jean Depinay/Maurice Dufourmantelle/Georges Risler, La question de la reconstruction des villes et villages détruits par la guerre, Paris 1916, S. 2f.

45 Siehe Viviane Claude, Technique sanitaire et réforme urbaine: l’Association générale des hygiénistes et techniciens municipaux 1905–1920, in Christian Topalov (Hg.), Laboratoires du nouveau siècle. La ‚nébuleuse réformatrice‘ et ses réseaux en France, 1880–1914, Paris 1999, S. 269-298.

46 Siehe dazu u.a. Janet R. Horne, A Social Laboratory for Modern France. The Musée Social and the Rise of the Welfare State, Durham 2002.

47 Donnat-Alfred Agache/Jean-Marcel Auburtin/Edouard Redont, Comment reconstruire nos cités détruites?, Paris 1915.

48 „Société des architectes diplômés par le gouvernement“.

49 Auburtin/Blanchard, La cité de demain (Anm. 41).

50 Vgl. ebd., S. 27.

51 Magri/Topalov, „Reconstruire“ (Anm. 43), S. 339.

52 Lutz Raphael, Das Ende des Deutschen Reiches als Zäsur nationaler Expertenkulturen? Überlegungen zu den Folgen des politischen Umbruchs 1945 für Technik und Wissenschaften in Deutschland, in: Anselm Doering-Manteuffel (Hg.), Strukturmerkmale der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, München 2006, S. 181-195, hier S. 183.

53 Auburtin/Blanchard, La cité de demain (Anm. 41), S. 161.

54 Henri Sellier, La crise du logement et l’intervention publique en matière d’habitation populaire dans l’agglomération parisienne, Paris 1921, S. 1211.

55 Über die Einführung tayloristischer Organisationsmaßnahmen in kriegsstrategisch bedeutenden Betrieben und die impulsgebende Rolle des Staats in dieser Entwicklung siehe Aimée Moutet, La Première Guerre mondiale et le taylorisme, in: Maurice de Montmollin/Olivier Pastré (Hg.), Le taylorisme, Paris 1984, S. 67-81.

56 Noiriel, Les ouvriers (Anm. 42), S. 127.

57 Bruggeman/Sellier, Le problème du logement (Anm. 39), S. 86; Sellier, La crise du logement (Anm. 54), S. 1209.

58 Sellier, La crise du logement (Anm. 54), S. 1209.

59 Rémi Baudoui, Un grand commis de l’Etat: Raoul Dautry, 1880–1951, Thèse nouveau régime d’histoire politique, Institut d’Etudes Politiques de Paris 1991, 4 Bde., S. 62.

60 Zur Haltung der Arbeiter siehe Patrick Fridenson, Un tournant taylorien de la Société française, in: Annales 42 (1987), S. 1031-1064, hier S. 1044-1047.

61 Rémi Baudoui, Raoul Dautry: la conscience du social, in: Vingtième siècle 15 (1987), S. 45-58, hier S. 47.

62 Ders., Un grand commis de l’Etat (Anm. 59), S. 113.

63 Ebd.

64 Ebd., S. 114.

65 Ders., La cité-jardin française entre mythes et réalités, in: Paulette Girard (Hg.), Cités, cités-jardins: une histoire européenne. Actes du colloque de Toulouse des 18 et 19 novembre 1993, Talence 1996, S. 87-99.

66 Bruggeman/Sellier, Le problème du logement (Anm. 39), S. 55, S. 57, S. 71.

67 Ebd., S. 58, S. 72.

68 Sellier, La crise du logement (Anm. 54), S. 1185-1223.

69 Fridenson, Un tournant taylorien (Anm. 60), S. 1052.

70 Ebd., S. 1191.

71 Ebd., S. 1194.

72 Zum Gartenstadtprojekt in der Pariser Peripherie siehe Elsa Vonau, De la cité-jardins à la ville satellite: circulation et métamorphoses d’un projet urbain en France et en Allemagne. 1900–1924, Thèse de doctorat, EHESS, Paris 2007.

73 Roger-Henri Guerrand/Christine Moissinac, Henri Sellier, urbaniste et réformateur sociale, Paris 2005, S. 51.

74 Sellier, La crise du logement (Anm. 54), S. 596.

75 Ders., Les banlieues urbaines et la réorganisation administrative du département de la Seine, Paris 1920, S. 70.

76 Ders., La crise du logement (Anm. 54), S. 255, S. 1044, S. 1112, S. 253.

77 Nach v. Saldern, Gesellschaft (Anm. 35), S. 85f.

78 Vgl. Kuhn, Spur der Steine (Anm. 13), S. 338.

79 Vgl. ebd.

80 Voigt, Vitruv der Moderne (Anm. 19), S. 25.

81 Gropius, Normung (Anm. 22), S. 331.

82 Vgl. Homann, Biographie (Anm. 24), S. 172.

83 Kuhn, Spur der Steine (Anm. 13), S. 338.

84 Ebd., S. 346.

85 Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen, Die Küche der Klein- und Mittelwohnung, Berlin 1928, S. 4f.

86 Ebd., S. 38.

87 Ebd.

88 Wolfgang Thöner, Choreographie des Alltags, in: Prigge, Ernst Neufert (Anm. 4), S. 144-158, hier S. 154.

89 Vgl. die Notiz in: Deutsches Wohnungs-Archiv 4 (1929), S. 143.

90 Notverordnung vom 1.12.1930 und Reichsgrundsätze für den Kleinwohnungsbau vom 10.1.1931, hier zit. nach Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen, Wohnungspolitik von gestern und morgen, Berlin 1931, S. 25, S. 27.

91 Leyser, Groß-Berliner Wohnungspolitik (Anm. 21), S. 48f.

92 Groß-Berliner Verein für Kleinwohnungswesen, Wohnungspolitik (Anm. 90), S. 18.

93 Baudoui, La cité-jardin française (Anm. 65), S. 95.

94 Henri Sellier, La technique moderne de l’habitation, in: La cité moderne, exposition de l’habitation, octobre 1929, S. 24 (unsere Übersetzung).

95 Ebd., S. 25.

96 Ebd., S. 24.

97 Vgl. z.B. für die DDR Christine Hannemann, Die Platte. Industrialisierter Wohnungsbau in der DDR, Braunschweig 1996, 3. Aufl. Berlin 2005; für die Großsiedlungen und Neuen Städte im globalen Maßstab: Les annales de la recherche urbaine 98 (2005): Les visages de la ville nouvelle, sowie Frédéric Dufaux/Annie Fourcault (Hg.), Le monde de grands ensembles, Paris 2004.

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