Do-it-yourself-Design

Die IKEA-Regale IVAR und BILLY

Anmerkungen

IVAR und BILLY, zwei Regalsysteme von IKEA, stehen nicht nur für ein jahrzehntelanges Erfolgskonzept der schwedischen Möbelfirma, sondern auch für eine neue ästhetische und geistige Haltung, die sich im Verlauf der 1970er-Jahre auf breiter Basis durchgesetzt hat. Bedeutsam waren und sind die IKEA-Regale zunächst einmal für die Designgeschichte; zugleich lassen sich an ihrem Erfolg breitere Trends der Konsum-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte ablesen.

Die neuen gesellschaftspolitischen Ideale, die im Zuge der Studentenrevolte entwickelt worden waren, breiteten sich in der westdeutschen Gesellschaft der 1970er-Jahre allmählich aus - gewiss nicht flächendeckend und eher reformerisch als revolutionär, aber doch mit spürbarem Einfluss auf den Alltag zumindest der Universitätsstädte. Ein Leitbild war das gemeinschaftliche Zusammenleben in der Kommune, das die traditionelle Kleinfamilie mit ihren bürgerlichen Regeln und Werten in Frage stellte. Dabei kam der Wohnungseinrichtung, die in modernen Gesellschaften mehr als einen rein praktischen Nutzen verkörpert, eine programmatische Rolle zu. In ihr manifestierte sich eine neue „Alternativkultur“, die auch als Gegenentwurf zu den hoch technisierten Herstellungsverfahren der industriellen Serienproduktion zu begreifen ist: Gegen die Übermacht kapitalistischer Machtstrukturen wurden bewusst einfache Materialien und „Do-it-yourself-Strategien“ gesetzt, gegen die anonymen und glatten Oberflächen standardisierter Formen die Patina des Gebrauchs, gegen die Anonymität des Industriedesigns die gestalterische Kreativität des Individuums, gegen die Ideenlosigkeit des Systemdesigns die spontanen Improvisationen des Alltags. Entsprechend lehnten die Anhänger der Alternativkultur nicht nur die traditionellen Einrichtungskonzepte ab, sondern sogar die damals unkonventionellen Experimente der Popkultur mit ihren exzentrischen Farben und ihrem Hang zu synthetischen Materialien, weil sich auch diese als Resultat von Marketingstrategien in den Dienst der Industrie stellten.

Unterstützt und begleitet wurden diese Entwicklungen durch das aufkommende Umweltbewusstsein. Der Schock der Ölkrise mit ihren autofreien Sonntagen saß tief in der bundesdeutschen Bevölkerung. Die Ölkrise führte einen gesamtgesellschaftlichen Bewusstseinswandel herbei, hatten die Auseinandersetzungen zwischen den führenden Industriestaaten und der OPEC doch nicht nur deutlich gemacht, wie begrenzt natürliche Ressourcen tatsächlich sind - was auch die Studie des „Club of Rome“ über die „Grenzen des Wachstums“ öffentlichkeitswirksam betonte1 -, sondern zudem, welchen Beitrag jeder Einzelne zum Energiesparen leisten konnte.

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Hinzu kamen neue Impulse aus den USA, seit der Nachkriegszeit stilprägendes Vorbild für die Konsumkultur in der Bundesrepublik, die in der sich neu formierenden Alternativszene mit großem Interesse aufgenommen wurden. Zu Beginn der 1970er-Jahre hatte der amerikanische Designer Victor Papanek Architekten und Designer dazu aufgerufen, ihre Arbeit ganz einzustellen, da sie an jeder Umweltverschmutzung zumindest partiell beteiligt seien.2 In der deutschen Übersetzung provozierte Papanek mit dem Motto „Alle Menschen sind Designer“3 und proklamierte eine neue Designhaltung, die sich gegen die zunehmende Spezialisierung von Gestaltern richtete, wie sie sich in der bundesdeutschen Design-Ausbildung inzwischen etabliert hatte.

Wie ernst es Papanek damit war, gegen die Kennerschaft einer kleinen Designelite die Kreativität jedes Einzelnen zu setzen, verdeutlichen besonders seine „Nomadic Furnitures“, zwei Publikationen, die er zusammen mit James Hennessey 1973 und 1974 veröffentlichte.4 Für moderne Nomaden, die ständig ihren Wohnort wechseln wollten oder müssten, bedürfe es keiner Einrichtung mit ästhetisch wie materiell bleibenden Werten. Die beiden Bücher propagierten stattdessen das Wiederverwerten gebrauchter oder billiger Materialien und gaben Anleitungen für Recycling- und Eigenbauprodukte. Die einfachen Beschreibungen und der Einsatz schnell beschaffbarer Dinge oder minderwertiger Wegwerfprodukte wie (Plastik-)Milchflaschen oder Weinkisten sollten zum Nach- und Eigenbau anregen. Damit propagierten Papanek und Hennessey ein „Do-it-yourself-Design“, das auf ein spontanes Machen und Experimentieren setzte; ein Designverständnis, bei dem „Selbermachen“ als zentrales politisches Instrument verstanden wurde, um sich gegen das elitäre Design einer „In-Group“ abzugrenzen, welches nach Meinung von Hennessey und Papanek seinen hohen Preis auch durch bekannte Namen bestimmter Designer erhielt.5

Abb. 1: Plakat des Internationalen Design Zentrums Berlin, 1973
(aus: form [Opladen], Nr. 64, IV/1973, S. 25)

Diese neuen theoretischen und praktischen Impulse wurden in der Bundesrepublik schnell von institutioneller Seite aufgenommen. Das Internationale Design Zentrum (IDZ) in Berlin beispielsweise verstand es als vordringliche Aufgabe, die Rolle der Verbraucher zu stärken, indem es zum Widerstand gegen eine vornehmlich auf Verschleiß und Wachstum ausgerichtete Konsumhaltung aufrief. Mit dieser Intention präsentierte es gleich in mehreren Ausstellungen die neue „Low-Tech-Kultur“ und brachte alternative Gestaltungen jenseits der Norm in die Diskussion - etwa im Winter 1973/74 mit der legendären Ausstellung „Design it yourself“, bei der die Exponate mit kostenlosen Bauanleitungen zum Mitnehmen versehen waren, die Bastler und Heimwerker zur Verfügung gestellt hatten oder die aus dem Wohnteil der Frauenzeitschrift „Brigitte“ stammten, die seit eben diesem Jahr Anregungen zum Selbermachen gab.

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Abb. 2: „des-in“. Reifensofa, 1975
(aus: Volker Albus/Christian Borngräber, Design-Bilanz. Neues deutsches Design der 80er Jahre in Objekten, Bildern, Daten und Texten, Köln 1992, S. 14)

Wie stark das Umweltthema damals die Gestalter umtrieb, verdeutlicht auch die Gründung privater Gruppen, die sich den neuen ökologischen Herausforderungen stellen wollten. Besonders bekannt geworden ist die Offenbacher Designinitiative „des-in“ um Jochen Gros, die sich dem kreativen Verarbeiten von Halbzeugen verschrieb und wertlosen Abfall durch gestalterische Eingriffe zu eigenwilligen, individuellen Gebrauchsgegenständen machte. So wurden zum Beispiel aus ausrangierten Offset-Blechen Lampen oder aus gebrauchten Autoreifen Sofas.6

Angesichts dieser Entwicklungen kamen auch in aufgeklärten bürgerlichen Kreisen Diskussionen um freiwillige Konsum- und Wachstumsbeschränkungen auf. Wer seine Wohnungseinrichtung nicht ganz spartanisch mit einem Matratzenensemble und einem Weinkistenregal ausstatten oder gegen den Designkult der Konsumgesellschaft Sperrmüll, Trödel oder Flohmarktfundstücke setzen wollte, dem eröffnete IKEA7 einen gangbaren „dritten Weg“, denn mit der Eröffnung der ersten deutschen Filiale des schwedischen Möbelhauses in München-Eiching (1974) standen nun ganz neue Möglichkeiten zur Verfügung, seine Konsumkritik und sein ökologisches Bewusstsein zumindest symbolisch zu artikulieren. Was zunächst nur für die jungen Schweden gedacht war, fand jetzt auch in der Bundesrepublik eine begeisterte Fangemeinde. Dem Drang nach Unkompliziertheit und basisdemokratischer Partizipation kam das damals ungewöhnliche Prinzip der Selbstbedienung im IKEA-Möbelhaus entgegen.

Abb. 3: IVAR, IKEA-Regal, 1974 (Inter IKEA Systems B.V.)

Allen voran traf das Regalsystem IVAR, das bereits seit 1966 im IKEA-Programm war, den Nerv der Zeit. Dieses von Gillis Ludgren entworfene einfache Kiefernregal eroberte die Herzen der jungen Käuferschaft im Sturm, nicht nur weil es eine preiswerte Alternative zum traditionellen Bücherregal darstellte.8 Es war die Schlichtheit und Einfachheit dieses Regals, die sich von der Gediegenheit brauner Eichenregale des Bildungsbürgertums abhob und seinen Erfolg ausmachte: Die archaische Form gab keine bestimmte Nutzung vor. So konnte das unprätentiöse Lagerregal je nach Bedarf als Keller- oder Wohnzimmerregal eingesetzt werden und demonstrierte so die Abkehr vom Repräsentationswillen seiner Vorgänger.

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Abb. 4: Wohnen mit IKEA in den 1970er-Jahren (Inter IKEA Systems B.V.)

Zwar verkörperte das naturbelassene Kiefernregal ein ökologisches Bewusstsein seiner Besitzer. Gleichzeitig bot es aber auch die Möglichkeit, individuelle Gestaltungsvorstellungen zu transportieren, indem diese „Rohfassung“ je nach Geschmack lackiert, lasiert, gewachst oder geölt werden konnte - oder aber mit der Zeit durch Gebrauch und Lichteinfluss seine eigene Patina ansetzte. In diesem Sinne verkörperte IKEA mit IVAR den Geist der Jugendkultur der 1970er-Jahre: Wie eine Jeans, bei der sich individuelle Nutzungsspuren im Laufe der Zeit in das Material einschreiben, nimmt das Regal Bearbeitungs- oder Gebrauchsspuren als ästhetisches Moment auf. So gelang es IKEA mit diesem jederzeit ergänzbaren, preiswerten Möbel, die Idee des Systemdesigns9 mit provisorischen und ökologischen wie auch individuellen Aspekten zu verknüpfen. Über den bloßen Gebrauchswert hinaus erhielt IVAR dadurch einen semantischen Mehrwert, der dieses Regal zum Ausdruck einer neuen kulturellen Haltung werden ließ.10

Abb. 5: BILLY, IKEA-Regal (Inter IKEA Systems B.V.)

Ab den späten 1970er-Jahren landete IVAR mehr und mehr in Abstellkammern oder Kellerräumen. Nun wurden pflanzenüberfüllte Kommunen mit bevorzugt höhlenartigem Ambiente und beigefarbener Wandbemalung zunehmend durch weiß gepinselte, mit Neonröhren ausgestattete WG-Zimmer ersetzt - High-Tech statt Low-Tech. Für „cooles“ großstädtisches Leben standen jetzt ausgewählte Fundstücke vom Flohmarkt, die den Raum im Sinne einer Selbstinszenierung seiner Bewohner ergänzten. IKEA bot wiederum die richtige Antwort - mit BILLY,11 einem weißen Regal, das sich in einer Art Mimikry-Effekt mit der weißen Wand verband und so den dezenten Hintergrund für die Sammelleidenschaft seiner Besitzer bot. Das Regal trat optisch bescheiden hinter das aufregende Leben seiner Benutzer zurück; dennoch gab es den Besitztümern Halt und ein gewisses Maß an Ordnung. Ganz im Gegensatz zu IVAR bestand BILLY nun durch und durch aus synthetischen Materialien, aus Pressholz, das mit einem Kunststoff furniert war. Was auf den ersten Blick allein der BILLYgkeit geschuldet scheint, entpuppt sich auf den zweiten Blick als geschickte Strategie, den damaligen Zeitgeist einzufangen. Mit seinen künstlichen Materialien und glatten Oberflächen antizipierte BILLY jene „postmoderne“ Ästhetik, die als Charakteristikum des „Neuen Designs“ der 1980er-Jahre gelten kann.12

Was in den späten 1970er- und vor allem in den 1980er-Jahren den Nerv der Zeit traf, geriet in den 1990er-Jahren jedoch in eine tiefe Krise. Nun hatte sich das ökologische Bewusstsein tatsächlich so stark durchgesetzt, dass das Material des Regals zu seinem Verhängnis wurde. 1992 musste BILLY vorübergehend aus dem IKEA-Sortiment genommen werden, da es Formaldehyd ausdünstete - nun war es als „tödliches Bücherregal“ verschrien.13 Erst ein Brief des Ex-Bundeskanzlers Helmut Schmidt an die Geschäftsleitung ebnete angeblich den Weg für die Resozialisierung der Giftschleuder, die dann vom Vorwurf der Gesundheitsschädigung befreit wieder in die Regale zurückkehrte. „Danke Helmut“, plakatierte IKEA kurz darauf, und so schafften es die Marketingstrategen, aus dem Skandal um ein Pressspanregal ein Möbelstück mit Geschichte werden zu lassen.14

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Abb. 6: BILLY im neuen bürgerlichen Ambiente der Jahrtausendwende
(Inter IKEA Systems B.V.)

Neuerdings sind zudem ästhetische Inszenierungen auszumachen, mit denen der Regalklassiker an den verstärkten Häuslichkeitsdrang seiner Kunden angepasst wird, die sich als Folge des unsicheren Arbeitsmarktes stärker als früher ihre direkte Wohnumgebung als Rückzugsort einrichten. Vieles, was einmal als spießig galt, wird nun wieder vorzeigbar: Geerbte Tischwäsche und bestickte Kissen zelebrieren Familienglück, Tischkultur und Heimatgefühl.15 Entsprechend bietet IKEA seinen Bestseller heute nicht nur folienbeschichtet in Braun, Weiß oder Silber an, sondern auch in Birken-, Buchen- oder Esche-Furnier. Ergänzt wird das System durch verschiedene Aufsatz- und Beleuchtungssysteme, Türen sowie ein spezielles CD-Regal. Um die Jahrtausendwende kam noch ein Eckstück hinzu sowie eine breite, dem Regal vorgeblendete „Dekorfront“ in „Buche“, „Birke“ oder bräunlich zum Selbstbeizen16 - offensichtlich Versuche, das schlichte kompakte Regal zu einer anspruchsvolleren Wohnzimmerschrankwand mutieren zu lassen, die dem neuerlichen Repräsentationswillen entspricht.

Abb. 7: BILLY-Kombination, 2005 (Inter IKEA Systems B.V.)

Sowohl IVAR als auch BILLY stehen - jedes auf seine eigene Weise - für Konzepte des Einfachen, die sich aus ihrer Zeit heraus entwickelt haben und damit als zeithistorische Quellen betrachtet werden dürfen. Wenn BILLY bis heute einen erheblichen Teil zum Gesamtumsatz des schwedischen Möbelhauses beiträgt, so dürfte dies auch der Tatsache geschuldet sein, dass es IKEA geschafft hat, ein preiswertes und stabiles Systemdesign zu entwickeln, das in der Lage ist, sich auch ästhetisch den unterschiedlichsten Vorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen seiner Kunden anzupassen. Hatten in den 1970er-Jahren noch politische Überzeugungen einen Run auf das eigenwillig-progressive Do-it-yourself-Konzept von IKEA ausgelöst, bei dem der der Erwerb von Möbeln im „etwas anderen Einrichtungshaus“ paradoxerweise Konsumkritik zum Ausdruck bringen sollte, haben sich inzwischen die Konzeption von IKEA und zugleich das Selbstbild der Kunden geändert. Auch wenn geschickte Marketingstrategien einen anderen Eindruck vermitteln wollen, indem sie die „IKEA-Story“ aus der Anfangszeit als phantasievolle und aufmüpfige Erfolgsgeschichte eines Einzelnen im Kampf gegen die Übermacht großer Möbelhäuser zeichnen,17 hat sich das Blatt doch längst gewendet. Das schwedische Unternehmen ist mit seinen weltweit 235 Einrichtungshäusern in 34 Ländern zum gigantischen „Megaseller“ mit globaler Ausrichtung geworden.18

In „Geiz-ist-geil-Zeiten“, in denen der Einkauf zur Schnäppchenjagd wird, zählen offensichtlich neue Werte - eine Nachfrage, die IKEA als Selbstbedienungs-Möbeldiscounter geschickt deckt. Die weltweite automatisierte Produktion, der computergesteuerte Vertrieb und die harte Preiskalkulation erlauben (zumindest auf dem deutschen Markt) vergleichsweise preiswerte Produkte, die zum schnellen Kauf animieren. Zudem verhilft ein ausgeklügeltes Analysesystem dazu, ganz unterschiedliche Zielgruppen zu bedienen, so dass der Kauf von IKEA-Produkten längst nicht mehr als kritisches Statement gegenüber dem Einrichtungsstil der eigenen Elterngeneration anzusehen ist, sondern im Gegenteil als Ausdruck eines generationenübergreifenden ästhetischen Konsenses.

Anmerkungen: 

1 Dennis Meadows/Donella Meadows/Erich Zahn/Peter Milling, Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Stuttgart 1972. Siehe dazu den Beitrag von Nils Freytag in diesem Heft.

2 Victor Papanek, Das Papanek-Konzept. Design für eine Umwelt des Überlebens, München 1972, S. 13 (amerik. Erstausg.: Design for the Real World. Human Ecology and Social Change, New York 1971).

3 Programmatisch hatte Papanek bereits auf der Titelseite seiner Publikation „Das Papanek-Konzept“ vermerkt: „Alles ist! Design“. Design stelle ein Konglomerat von Erziehung, Kreativität, Sozialplanung, aber auch Forschung dar: „Alle Menschen sind Designer. Fast alles, womit wir uns beschäftigen, ist Design, Planung, Entwurf, denn Design ist die Grundlage jeder menschlichen Tätigkeit. Die Ausrichtung und Abstimmung jeder Handlung auf ein erwünschtes, vorhersehbares Ziel ist wesentlich für den Prozeß der Formgestaltung. Jeder Versuch, Design abzuspalten, es zu einem Ding an sich zu machen, beeinträchtigt den eigentlichen Wert der Form-gestaltung als der primären Prägekraft des Lebens. Es ist Design, wenn man ein Epos schreibt, ein Fresko malt, ein Konzert komponiert. Design ist aber auch, eine Schreibtischschublade einzuräumen, einen schlechten Zahn zu ziehen, einen Apfelkuchen zu backen oder ein Kind zu erziehen. Design ist das bewußte Bestreben, sinnvoll Ordnung zu stiften.“ Vgl. Papanek, Das Papanek-Konzept (Anm. 2), S. 17. Es würde sich lohnen, den hier anklingenden Gemeinsamkeiten und Unterschieden zu Joseph Beuys’ Kunstbegriff näher nachzugehen.

4 Vgl. James Hennessey/Victor Papanek, Nomadic Furniture 1. How to build and where to buy lightweight furniture that folds, inflates, knocks down, stacks, or is disposable and can be recycled, New York 1973; dies., Nomadic Furniture 2, New York 1974. Eine Nachfolge fanden diese Ideen in der Bundesrepublik mit Rick Ball/Paul Cox, Schnelle Möbel für die ganze Wohnung (Low Tech), Frankfurt a.M. 1984.

5 Hennessey und Papanek wandten sich gegen einen Hang zum Autoren-Design, wie er sich insbesondere in den USA seit den späten 1940er-Jahren durchgesetzt hatte, nachdem „Knoll International“ die Produktionsrechte an Mies van der Rohes und Marcel Breuers Möbeldesign erworben hatte.

6 Zu „des-in“ vgl. Petra Eisele, BRDesign. Deutsches Design als Experiment seit den 1960er Jahren, Köln 2005.

7 Der in Versalien gestaltete Firmenname IKEA setzt sich aus den Initialen des Firmengründers Ingvar Kamprad, seines elterlichen Bauernhofs Elmtaryd und dem nächstgelegenen Ort Agunnaryd zusammen.

8 Vgl. Wolfgang Brenner/Frank Johannsen, Alle lieben Billy. Geschichten, Tips und Reportagen über unser Lieblings-Möbelhaus, Frankfurt a.M. 1998, S. 39.

9 Verfügbar waren und sind vier Höhen, zwei Breiten, zwei Tiefen. IVAR kann um die Ecke wachsen, kann durch hohe oder niedrige Schubladen oder durch ein ausziehbares Computerregal ergänzt werden. Damit entspricht IVAR dem Systemdesign, das als eigentliche Neuerung im Möbeldesign des 20. Jahrhunderts anzusehen ist.

10 IVAR verkauft sich heute noch jährlich weltweit 420.000-mal (vgl. Brenner/Johannsen, Alle lieben Billy [Anm. 8], S. 39).

11 Dieses billige Spanplattenregal wurde 1975 erstmals in einem IKEA-Katalog vorgestellt und trat in den folgenden Jahren einen wahren Siegeszug an: Es wurde weltweit mehr als 30 Millionen Mal verkauft. Entwickelt wurde es von einem IKEA-Designer-Team. Vgl. Uwe Wittstock, Billy ist für alle da, in: Welt, 25.8.2001; Billy, the Regal, in: H.O.M.E., Februar 2003, S. 3.

12 Seit den späten 1980er-Jahren fand eine positive Umwertung des einst als billiges Ersatzmaterial diffamierten Kunststoffbezuges statt; Designer wie Ettore Sottsass integrierten diesen als wichtiges Gestaltungsmittel in ihre eigenwilligen Entwürfe.

13 Vgl. Fritz Jörn, Billy the Kit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.3.2001.

14 Vgl. Christine Sievers/Nicolaus Schröder, 50 Klassiker. Design des 20. Jahrhunderts. Die Gestaltung der Moderne, Hildesheim 2001, S. 228.

15 Vgl. Wie wohnen wir morgen? 2. stilwerk Trendstudie, Hamburg 2005, S. 36.

16 Vgl. Jörn, Billy the Kit (Anm. 13).

17 Vgl. Brenner/Johannsen, Alle lieben Billy (Anm. 8), S. 10f.

18 IKEA setzte im Geschäftsjahr 2005 rund 14,8 Milliarden Euro um und hat insgesamt etwa 90.000 Mitarbeiter. Ob und wie es gelingt, die schwedischen Möbel und die mit ihnen verbundenen Images in andere Länder und Kulturen einzuführen - neuerdings etwa in China -, wäre eine eigene Untersuchung wert.

Zum Weiterlesen:

Monique Miggelbrink, Ordnen und gestalten: Der IKEA-Katalog. Atmosphärisches Wohnen in Schweden und der Bundesrepublik Deutschland, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 19 (2022), S. 578-599.

 

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